Montag, 26. März 2007

Todesstrafe verstößt gegen Recht auf Leben

Todesstrafe

Frankfurt/Main / Wiesbaden (internet-zeitung) - Mit dem Thema "Todesstrafe in den USA" befasst sich das sehr lesenswerte Weblog "kaffeesatz" unter der Internetadresse http://kaffeesatz.blog.de/2007/03/26/title~1976831 - "medien-news" veröffentlicht nachfolgend mit freundlicher Genehmigung den kompletten Beitrag mitsamt zwei Interviews, deren Fragen von Jacqueline Dehe, der Betreiberin von "kaffeesatz" (Zeitungsschau bei einer Tasse Kaffee), gestellt wurden:

"Die Todesstrafe in den USA
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

1. Historie

So heißt es in der Allgemeinen Erklärung über Menschenrechte, die von der Allgemeinen Versammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 einstimmig beschlossen und verkündet wurde. Obwohl sie als Erklärung keinen völkerrechtlich verbindlichen Charakter besitzt, wird sie im Allgemeinen als Bestandteil des Rechts der Vereinten Nationen und als Völkergewohnheitsrecht angesehen. Der 10. Dezember wird als Tag der Verkündung seit 1948 als internationaler Tag der Menschenrechte begangen. Die Vereinten Nationen (UNO) sind ein Zusammenschluss von 192 Staaten; Mitglied der UNO ist auch die USA.

In den USA wurde von 1976 bis 2005 die Todesstrafe 3344 mal vollstreckt.

Die Todesstrafe hat in den USA eine lange Geschichte. Die britische Kolonie verhängte bereits kurz nach ihrer Gründung in Nordamerika die erste Todesstrafe; die erste bekannte Hinrichtung hat 1608 stattgefunden. Über die Zeiten wechselten die Methoden der Hinrichtung, zum Erschießen und Erhängen kam der elektrische Stuhl hinzu. Weiterhin wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts damit begonnen, die Hinrichtungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu vollziehen.

Sehr bekannte politische Hinrichtungen sind die von Sacco und Vanzetti sowie von Ethel und Julius Rosenberg.

Eine Wendung in der Praxis der Todesstrafe erfuhr die USA 1972 in dem Fall Furman gegen Georgia. Furman argumentierte, die Todesstrafe werde völlig willkürlich verhängt und verletze damit den 8. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der seinem Inhalt nach jeder Person Schutz vor grausamer und ungewöhnlicher Strafe gewährt.

Die Obersten Richter urteilten, dass eine Strafe "grausam und ungewöhnlich" sei, wenn sie

- dem Verbrechen nicht angemessen sei,
- wenn sie willkürlich verhängt werde,
- wenn sie den öffentlichen Gerechtigkeitssinn verletze und
- wenn sie nicht wirksamer sei als eine andere harte Strafe.

Die Richter gaben Furman im Ergebnis also Recht, dass die Todesstrafe grausam und ungewöhnlich sei und den 8. Zusatzartikel verletze.

Am 29. Juni 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof als Reaktion 40 Todesstrafengesetze für nichtig. Weiterhin setzte er die Todesstrafe im ganzen Land aus und wandelte die Todesurteile von 629 Gefangenen in lebenslängliche Haftstrafen um.

Diese Tendenz zur allgemeinen Abschaffung der Todesstrafe hielt allerdings nicht lange an. Die Bundesstaaten begannen sofort, ihre Todesstrafengesetze zu überarbeiten, um "das Merkmal der Willkürlichkeit" zu eleminieren. Neue Richtlinien wurden eingeführt. 1977 wurde die Praxis der Hinrichtungen wieder aufgenommen.

Seit dieser "Wiedereinführung" wurde die Todesstrafe in 12 von 50 Bundesstaaten wieder abgeschafft; in einigen wird sie de facto nicht vollstreckt. Dennoch:

In den USA wurde von 1976 bis 2005 die Todesstrafe 3344 mal vollstreckt.

Bis 2002 wurden auch geistig behinderte Menschen hingerichtet; bis 2005 auch Minderjährige.

2. Todesstrafe - ein Mittel der Bestrafung

Ein klares NEIN. Ich komme hier zurück auf Art. 3 der oben zitierten Erklärung: Jeder hat das Recht auf Leben.

Natürlich könnte man argumentieren, dass derjenige, der einem anderen das Leben nimmt, dieses Recht für sich selbst nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Doch dieses Argument führt dann ins Leere, wenn man sich vor Augen hält, dass hier nicht das Opfer selbst "auf dem Richterstuhl" sitzt, sondern dass der Staat Taten sanktioniert, für den vorher Strafen festgelegt worden sind.

Und das 2. Argument dagegen ist, dass man sich meines Erachtens damit auf die gleiche Stufe mit dem Mörder stellt.

Keine Frage: Wer ein Verbrechen begeht, muss dafür bestraft werden. Die Gesellschaft muss vor so einem Menschen geschützt werden. Strafe darf aber nicht Rache sein. Strafe darf nicht "unmenschlich" sein.

Es gäbe hierzu noch einige Argumente vorzutragen, allerdings möchte ich den nachfolgenden Interviews mit Joachim Kübler, engagierter Gegner der Todesstrafe hier in Deutschland, und Oktavia Carstarphen, Strafverteidigerin in Texas, nicht vorgreifen.

3. Interview mit Joachim Kübler,
Autor des Blogs http://www.nodeathpenalty.net, der sich einerseits aktiv gegen die Todesstrafe einsetzt und andererseits mit seinem Blog versucht, Brieffreundschaften für die Todeskandidaten zu finden, damit denen ein wenig Hoffnung und Trost gegeben wird.

Frage: Herr Kübler, seit vielen Jahren setzen Sie sich mit Ihrer Seite gegen die Todesstrafe ein. Wie sind Sie dazu gekommen?

Kübler: Nun, es sind nun fast schon 5 Jahre und um ein Klischee zu bedienen, es begann damit, dass ich im Herbst 2002 den Spielfilm "Dead Man Walking" mit Sean Penn und Susan Sarandon im Fernsehen sah.

Es ist meiner Ansicht nach der beste Film zu diesem Thema, denn er basiert auf der wahren Geschichte von Schwester Helen Prejean, einer katholischen Nonne, die sich auf einmal damit konfrontiert sieht, dass ein Todestraktinsasse mit ihr Kontakt aufnimmt. Man sieht ihre Konflikte und ihr Suchen nach einem Weg, und der Gefangene macht es ihr nicht unbedingt leicht.

Den Film gibt es übrigens seit kurzem auf DVD, das Buch leider nur noch antiquarisch zu bekommen.

http://www.prejean.org ist die ganz und gar nicht antiquarische Website von Sr. Helen Prejean.

Wie auch immer, mir war klar, dass ich gegen die Todesstrafe war, bzw. bin. Aber es war nur ein Gefühl, mit den Fakten kannte ich mich gar nicht aus (und auch jetzt erlebe ich immer wieder Überraschungen) und so recherchierte ich im Internet zu diesem Thema. Eines ergab das Andere, und seitdem bin ich aktiv im Kampf gegen die Todesstrafe, wenn ich auch durch persönliche Lebensumstände gezwungen war, hin und wieder zu pausieren.

Aber es wurde für mich zu einer Art "Lebensthema", würde ich aufhören, so hätte ich das Gefühl, einen Verrat zu begehen. Übrigens gibt es den Blog "Keine Todesstrafe No Death Penalty" erst seit letztem Jahr, davor hatte ich eine andere, persönlichere Homepage, auf der dieses Thema aber auch angesprochen wurde.

Frage: Öffentlicher Protest ist die eine Sache. Was machen Sie konkret für die Menschen in den Todeszellen?

Kübler: Ich habe 6 Brieffreunde im Todestrakt in den USA. Genauer fünf Männer und eine Frau. Drei in Florida, jeweils eine(r) in Arizona, Georgia und Pennsylvania. Brieffreundschaften sind für die Death Row Inmates außerordentlich wichtig, weil sie oftmals die einzige Verbindung nach außen darstellen. Viele haben keine Familie mehr, bei anderen hat sich die Familie abgewendet, und so sind Brieffreunde der einzige Kontakt nach außen. Wir erzählen einander von unserem Leben, schicken uns gegenseitig Fotos, ich schicke ihnen hin und wieder Geld in Form von Money Orders oder ich schicke ihnen Briefmarken oder Briefpapier und Umschläge.

Dazu muss man wissen, dass Todestraktinsassen nicht arbeiten dürfen. Haben sie kein Geld, haben sie genauso wie wir ein wirklich existentielles Problem. Manchmal ist ein Gefangener auf der Suche nach einem Anwalt, der ihm in einem Berufungsverfahren vertritt. Auch dabei habe ich schon geholfen. Oder ich verschicke Newsletter, es gibt beispielsweise den Newsletter "Legal in USA", der von drei englischen Frauen jeden Monat herausgebracht wird und in dem juristische Informationen veröffentlicht werden, Gerichtsurteile von Prozessen, in denen es um die Todesstrafe geht etc.

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es in den USA über 3300 Todestraktinsassen gibt. Wenn sich jemand vorstellen kann, einem/-er Gefangenen zu schreiben darf er/sie sich gerne bei mir melden.

Frage: Wie gehen Sie bei Ihrem Engagement mit den Verbrechen der Menschen um?

Kübler: Nun, das ist nicht einfach zu beantworten. Was meine Brieffreunde betrifft, so habe ich mich zunächst nur von der Anzeige ansprechen lassen und dann eben geantwortet. Ich wollte den Menschen quasi im "hier und jetzt" kennen lernen, durch das Medium Brief. Aber natürlich ist das, was er oder sie getan hat (sofern er/sie wirklich schuldig ist; seit 1973 wurden 123 Menschen aus dem Todestrakt entlassen, weil sie unschuldig waren) Teil der persönlichen Geschichte; und spätestens wenn ein Hinrichtungstermin festgesetzt wird, dann wird man damit konfrontiert. Also habe ich dann später auch darüber recherchiert. Dies mache ich aber auch, wenn für andere Gefangene Hinrichtungen angesetzt sind und ich einen Aufruf auf meiner Homepage veröffentliche oder dem zuständigen Gouverneur zu schreiben.

Natürlich ist ein Mord ein schreckliches Verbrechen. Und bei dem, was ich tue, geht es nicht darum die Opfer oder die Angehörigen zu verhöhnen oder das Verbrechen zu verharmlosen, was ja von Todesstrafebefürwortern gerne unterstellt wird. Und oft bin ich auch betroffen von dem, was ich lese. Aber das Recht auf Leben, wie es in der UN Menschenrechtserklärung definiert wird, gilt für jeden Menschen ohne Ausnahme.

Frage: Wie verkraften Sie es, wenn ein Schützling von Ihnen getötet wurde?

Kübler: Nun, zunächst sind es ja nicht "meine Schützlinge". Die Menschen im Todestrakt kämpfen ja selbst auf vielfältige Art und Weise um ihr Leben. Sei es in den vorgegebenen Berufungsverfahren, sei es mit Aktionen wie dem Hungerstreik im Todestrakt von Texas, wo mehrere Gefangene damit gegen die Haftbedingungen demonstrierten. Aber sie sind auf Unterstützung von außen angewiesen, und da sind einem natürlich auch irgendwann die Hände gebunden?

Als beispielsweise Joseph Nichols am 7. März in Texas hingerichtet wurde, war ich sehr deprimiert. Man hatte ihn wegen eines Mordes hingerichtet, wegen dem sein damaliger Mitkomplize bereits im Jahre 1995 hingerichtet wurde. Bei dem Mord fiel ein Schuss, aber zwei Männer wurden hingerichtet, und sein Mitkomplize hatte gestanden, den Schuss abgegeben zu haben. Nichols hatte zugegeben, am Tatort gewesen zu sein, aber er habe nicht geschossen. Ich will jetzt nicht die ganze Geschichte erzählen, aber das was passierte war nicht nur eine weitere Ungeheuerlichkeit, es war selbst ein Verbrechen.

Oder die Geschichte meines Brieffreundes Troy Anthony Davis (es gibt auch eine sehr informative Homepage für ihn: http://www.troyanthonydavis.org - Ich bin fest davon überzeugt dass er unschuldig ist. Er war nicht mal am Tatort des Verbrechens.

Kronzeugen haben später eidesstattlich erklärt, dass sie von der Polizei unter Druck gesetzt wurden, gegen ihn auszusagen. Obwohl dies alles geschah, hatte er im September ein Berufungsverfahren verloren, bei dem es um die Wiederaufnahme des Verfahrens ging. Seine letzte Hoffnung ist ein Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Washington. Verliert er dort auch, kann jederzeit ein Hinrichtungstermin festgelegt werden. Dies beunruhigt mich sehr.

Ja, manchmal bin ich sehr deprimiert und müde von all dem, aber irgendwann wandelt es sich in Zorn, und ich mache weiter. Die Männer und Frauen im Todestrakt haben keine andere Chance; wir, die gegen die Todesstrafe kämpfen haben, keine andere Chance. Sonst haben wir alle verloren.

Frage: Was würden Sie ändern, wenn Sie einen Tag die Gelegenheit dazu hätten? Wie würden Sie die Menschen "verbrechensangemessen" bestrafen?

Kübler: Nun ich glaube meine Antwort fällt zumindest teilweise sehr philosophisch aus. Ich könnte ja jetzt sagen, dass ich die Todesstrafe in den USA und weltweit abschaffe oder ähnlich utopisches Zeugs. Aber das ist Quatsch, denn es sind Menschen die die Gesetze machen und es sind Menschen, die bei den Hinrichtungen mitwirken. Und es sind Menschen, die bei Abstimmungen auf Internetseiten von Zeitungen pro und contra Todesstrafe stimmen.

Nach der Hinrichtung von Joseph Nichols schrieb Rick Halperin, der Vorsitzender der Texas Coalition to Abolish the Death Penalty und im Vorstand der US-Sektion von ai ist: "Where is the global outcry?"

Ja, wo war der globale Aufschrei damals, wo ist er nun? Dieses Thema ist in den deutschen Medien nur dann präsent, wenn etwas bei der Hinrichtung schiefgeht (was für ein Paradox) so wie bei Angel Diaz am 13. Dezember letzten Jahres oder wenn der Gefangene besonders populär war. Ansonsten laufen die Hinrichtungen mehr oder weniger unbemerkt von der Weltöffentlichkeit ab. Ich wünsche mir also mehr öffentliche Präsenz dieses Themas und vor allem auch mehr Diskussion. Auch in Deutschland wird ja immer wieder mal der Ruf nach der Todesstrafe laut, vor allem im Zusammenhang mit der Ermordung und/oder sexuellem Missbrauch von Kindern. Und in der hessischen Landesverfassung steht ja die Todesstrafe noch immer drin.

Aber ich glaube, viele Leute rufen nach der Todesstrafe und wissen nicht so genau, nach was sie da eigentlich rufen. Oder aber sie reduzieren die Menschen zu Monstern, Bestien etc. Ich halte also eine breite Diskussion für sehr notwendig; eine Diskussion, die sowohl juristische als auch eine philosophische/religiöse Dimension hat.

Was die Bestrafung angeht, so ist eine (lebens-)lange Haftstrafe meiner Meinung nach eine angemessene Strafe. Bei einer Strafe kann es nicht um die Vernichtung des einzelnen Menschen gehen, sondern um Lernen, um Reflektion, in letzter Konsequenz um Resozialisierung.

In den USA wurde von 1976 bis 2005 die Todesstrafe 3344 mal vollstreckt.

4. Interview mit Oktavia Carstarphen,
ktaviacarstarphen@sbcglobal.net
Strafverteidigerin in Texas

Frage: Frau Carstarphen, Sie sind Strafverteidigerin in Texas. Welche Einstellung haben Sie zur Todesstrafe?

Carstarphen: Ich bin dagegen.

Gründe:

a. Grundsätzlich sollte der Staat sich nicht an der Tötung eines Menschen beteiligen. Die Todesstrafe hat mehr mit Rache und Vergeltung als mit Gerechtigkeit zu tun. Der Staat soll Gerechtigkeit üben, nicht Rache.

b. Erfahrung zeigt es, dass auch bei bester Vorsicht, Unschuldige verurteilt werden. Man kann einen Toten nicht wieder lebendig machen.

c. Die Erfahrung zeigt, dass die Todesstrafe dem Steuerzahler kein Geld spart. Eher umgekehrt. Texas z.B. sieht automatischen Revisionsantrag vor für zum Tode verurteilte. Wenn ein Angeklagter kein Geld hat für einen Anwalt, muss er nicht nur einen, sondern zwei Anwälte gestellt bekommen.

Er hat auch Anspruch auf einen (oder mehrere) Mitigation Experten, Investigator, etc. z.B., Experten, welche die Geschworenen in der Verhandlung über die häufigen Fehler der Augenzeugen aufklären kann. Das ist recht neu in Texas, seit 2005, und ein Resultat vom Innocence Project http://www.innocenceproject.org, wo so oft bewiesen wurde, dass ein Angeklagter zu Unrecht verurteilt wurde, weil der Angeklagte nicht die richtigen Anwälte hatte, die Anwälte kein Geld für Experten hatten, etc. und daher der Staat einfach die Übermacht hatte vor den Geschworenen.

Andere Staaten haben ähnliche Gesetze geschaffen. Wie sich das auf lange Sicht auswirkt, kann man noch nicht sagen. Ich nehme aber an, dass die Steuerzahler ihre Repräsentanten gegen die Todesstrafe aufmuntern werden. Die Gesetze zum Schutz der Angeklagten wieder abzuschaffen, wird schwieriger sein, weil sie auf Grund von Urteilen vom Texas Court of Criminal Appeals (unser höchstes Gericht in Kriminalfällen) sowie vom US Supreme Court verlangt wurden.

d. Der Verurteilte sitzt zu lange in mehr oder weniger Isolierung und wartet auf die Urteile der höheren Instanzen. Das Ganze kann bis zu 20 Jahre dauern. 12 Jahre ist Durchschnitt in Texas und anderswo. So eine Haft ist, verstößt dies m.E. gegen den Verfassungsauftrag gegen grausame Bestrafung.

e. Die Todesstrafe wird zu ungleich verteilt. Rasse des Täters und Opfers, spielen eine große Rolle. Wenn das Opfer bekannt ist, oder mit Leuten der Macht verwandt oder befreundet sind, wird eher die Todesstrafe verlangt, als wenn das Opfer unbekannt und unbedeutend ist. Dies verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und bewirkt eine allgemeine Verachtung der Gesetze. "Liberty and justice for all" wird zynisch gewandelt in "liberty and justice for all with money."

Frage: Welches Gefühl hat man bei einer Strafverteidigung, wenn man weiß, dass der Mandant mit dem Tode bestraft werden kann?

Carstarphen: Ich bin schon sehr gestresst, wenn die mögliche Strafe lebenslänglich ist. Ich nehme aus dem Grunde keinen Mandanten, der mit Todesstrafe bedroht ist.

Frage: Gibt es in den USA eine Front zur Abschaffung der Todesstrafe? Wird sich durch einen neuen Präsidenten bzw. eine neue Präsidentin etwas ändern?

Carstarphen: Es gibt Gruppen, die die Abschaffung der Trodesstrafe zum Ziel haben. Durch einen neuen Präsidenten wird sich da nichts ändern. Siehe Antworten zu 4.

Frage: In den USA gibt es in einigen Staaten die Todesstrafe, in anderen nicht. Gibt es kein "einheitliches Strafgesetzbuch" wie in Deutschland?

Carstarphen: Es gibt kein einheitliches Strafgesetz. Strafsache ist dem einzelnen Staat überlassen, mit der Einschränkung, dass der Staat die Federal Constitution nicht verletzen darf. Manche Staaten haben größere verfassungsrechtlichen bzw. vom Gesetz gegebenen Schutz für den Angeklagten, als die Federal Constitution vorsieht.

Frage: Glauben Sie, dass mit Protesten gegen die Todesstrafe etwas bewirkt werden kann?

Carstarphen: Ja und Nein. Proteste machen die Bevölkerung immer wieder darauf aufmerksam, dass Todesstrafe ein Problem ist. Sie ist grausam und teuer. Wenn genügend Menschen gegen die Todesstrafe sind, werden die Representanten des Staates das Strafgesetz ändern und die Todesstrafe abschaffen. Wenn sie erst mal abgeschafft ist, braucht es ein größeres Momentum, um sie wieder an zu schaffen."