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Freitag, 30. März 2007
Vorsatzloses Sich-Entfernen vom Unfallort ist nicht strafbar
Foto: Michael Jurman / http://www.pixelquelle.de
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Gefunden bei http://kaffeesatz.blog.de und hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht
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Vorsatzloses Sich-Entfernen vom Unfallort ist nicht strafbar
Dies hat das Bundesverfassungsgericht heute entschieden, Aktenzeichen 2 BvR 2273/06.
Wer also einen Unfall verursacht, diesen Unfall nicht bemerkt und sich vom Unfallort entfernt, macht sich nicht strafbar.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die Erstreckung der Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB auf Fälle, in denen sich der Unfallbeteiligte in Unkenntnis des Unfalls vom Unfallort entfernt ("unvorsätzliches Entfernen"), gegen das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) verstößt.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beschwerdeführer wurde vom Amtsgericht Herford wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Er hatte mit seinem Auto beim verbotswidrigen Überholen auf einem Baustellenabschnitt Rollsplitt aufgewirbelt und damit das überholte Fahrzeug beschädigt; der Schaden belief sich auf ca. 1.900 EURO.
Der Beschwerdeführer wurde hierauf durch den Geschädigten anlässlich eines Haltes hingewiesen. Er bestritt jedoch, den Schaden verursacht zu haben und verweigerte die Feststellung seiner Personalien.
Da dem Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden konnte, den Unfall bemerkt zu haben, schied nach Auffassung des Amtsgerichts eine Verurteilung nach § 142 Abs. 1 StGB aus. Das Gericht sah aber die Tatbestandsalternative des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB als erfüllt an, da das unvorsätzliche Entfernen vom Unfallort – also das Entfernen in Unkenntnis des Unfalls – dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen gleichzusetzen sei und der Beschwerdeführer die erforderlichen Feststellungen nicht nachträglich ermöglicht habe.
Diese Entscheidung des Amtsgerichts Herford entsprach der bisherigen langjänrigen Rechtsprechung des BGH.
Das Bundesverfassungsgericht sieht diese Auslegung als verfassungswidrig an und begründete dies wie folgt:
..."Das strafrechtliche Analogieverbot schließt jede Rechtsanwendung aus, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Da Gegenstand der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen immer nur der Gesetzestext sein kann, markiert der mögliche Wortsinn des Gesetzes die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Der Auslegung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB, die auch das unvorsätzliche – und nicht nur das berechtigte oder entschuldigte – Sich-Entfernt-Haben vom Unfallort unter diese Norm subsumiert, steht die Grenze des möglichen Wortsinns der Begriffe "berechtigt oder entschuldigt" entgegen. Diese beiden gesetzlichen Begriffe kennzeichnen einen Sachverhalt, der an den in § 142 Abs. 1 StGB beschriebenen anschließt: Wer sich als Unfallbeteiligter an einem Unfallort befindet und also die erforderlichen Feststellungen ermöglichen muss, darf sich unter bestimmten, durch die Begriffe "berechtigt oder entschuldigt" näher gekennzeichneten Voraussetzungen entfernen; er muss dann aber die Feststellungen nachträglich ermöglichen. Über diesen Sinngehalt geht das unvorsätzliche Sich-Entfernt-Haben hinaus. Wer sich "berechtigt oder entschuldigt" vom Unfallort entfernt, handelt unter ganz anderen Voraussetzungen als derjenige, der das mangels Kenntnis des Unfallgeschehens tut."...