Montag, 30. April 2007

Der Mai ist gekommen - das Deutsche Mailied



Von Emanuel Geibel (1815-1884)

Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.
Da bleibe wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus.
Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt,
so steht auch mir der Sinn in die Weite, weite Welt.

Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt´!
Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht.
Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschiert;
es gibt so manchen Wein, den nimmer ich probiert.

Frisch auf drum, frisch auf im hellen Sonnenstrahl,
wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Tal!
Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all-
mein Herz ist wie ´ne Lerche und stimmet ein mit Schall.

Und abends im Städtchen, da kehr´ ich durstig ein:
Herr Wirt, mein Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein!
Ergreife die Fiedel, du lustiger Spielmann du,
von meinem Schatz das Liedel, das sing´ ich dazu.

Und find ich keine Herberg´, so lieg´ ich zur Nacht
wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht.
Im Winde, die Linde, die rauscht mich ein gemach,
es küsset in der Früh´ das Morgenrot mich wach.

O Wandern, o wandern, du freie Burschenlust!
Da wehet Gottes Odem so frisch in der Brust;
da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt:
Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt!

*

Der 1. Mai ist in Deutschland, Österreich, etlichen Kantonen der Schweiz und in vielen anderen Ländern ein gesetzlicher Feiertag. Man bezeichnet ihn auch als „Tag der Arbeit“, „Kampftag der Arbeiterbewegung“ oder „Maifeiertag“. Die amtliche Bezeichnung in Deutschland wird – laut „Wikipedia“ – durch Gesetze der einzelnen Länder geregelt. In Nordrhein-Westfalen gilt der 1. Mai offiziell als „Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“. In Österreich gedenkt man am 1. Mai an das Inkrafttreten der Verfassung.