Montag, 25. Februar 2008

Energieversorgung: Amerikas Weg ins solare Zeitalter














Parabolrinnenkraftwerke könnten ein Fünftel der benötigten Solarenergie in den USA liefern. Foto: Schott AG

Aus: Spektrum der Wissenschaft, März 2008

Die USA werden vollkommen unabhängig von Ölimporten? Das könnte bis zum Jahr 2050 Wirklichkeit werden, wenn es nach Ken Zweibel, James Mason und Vasilis Fthenakis geht. Die drei US-Forscher haben errechnet, dass Amerika in rund 40 Jahren 70 Prozent seiner Elektrizität aus Sonnenenergie erzeugen könnte – und ganz nebenbei die Produktion von Treibhausgasen erheblich senken könnte.

In der April-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft stellen Zweibel, Mason und Fthenakis nun ihren Solar Grand Plan vor. Darin schlagen sie vor, im Südwesten der USA riesige Solarkraftwerke zu errichten, die Strom für das ganze Land liefern. Über rund 80 000 Quadratkilometer würden die Anlagen sich erstrecken. Mit ihrem gigantischen Plan wollen die drei Autoren einen realistischen Vorschlag machen, wie die USA dem drohenden Klimawandel, steigenden Ölpreisen und möglichen Konflikten um fossile Brennstoffe begegnen können.

Ihr Plan ist machbar und auch bezahlbar, wie sie in ihrem Beitrag „Amerikas Weg ins solare Zeitalter“ belegen. Die benötigte Fläche für die Solarkraftwerke wäre sogar geringer als die Fläche, die heutige Kohlekraftwerke einnehmen – dann nämlich, wenn man das für den Kohleabbau verwendete Land in die Rechnung einbezieht. Falls die Herstellungskosten für Solarzellen weiter sinken und deren Wirkungsgrad weiter steigt – die Autoren gehen davon aus, dass die nötige Technik bis 2020 verfügbar sein wird –, würde eine Kilowattstunde Fotovoltaikstrom ab diesem Zeitpunkt 5 US-Cent kosten. Fotovoltaik hätte sich damit als konkurrenzfähige Technologie im Energiemarkt etabliert. Zudem würden amerikanische Kraftwerke Milliarden Tonnen Kohlendioxid weniger ausstoßen als bisher.

Der Südwesten der USA ist eine ideale Kulisse für riesige Fotovoltaikfarmen. Es gibt sowohl viel Sonne als auch genügend Platz. Hier könnten die Amerikaner riesige Felder aus Solarmodulen und Parabolrinnenkraftwerken auf sonst ungenutztem Ödland errichten. Dabei ginge weder Platz für die Landwirtschaft verloren noch würden wichtige Lebensräume zerstört.

Würde der Solar Grand Plan in die Tat umgesetzt, stände den USA allerdings einiges an Arbeit bevor. Sämtliche Stromtrassen müssten erneuert werden, um den Transport gewaltiger Gleichstrommengen über weite Strecken zu bewältigen. Und die Solarenergie wirft ein weiteres Problem auf: Die Sonne scheint nur tagsüber, Energie braucht das Land aber 24 Stunden am Tag. Die überschüssige Energie, die bei Sonnenschein produziert würde, könnte in Form von komprimierter Luft in unterirdischen Reservoirs gespeichert werden. Nachts wird diese Luft wieder abgezapft, treibt Turbinen an und erzeugt so den benötigten Strom.

Rund 400 Milliarden US-Dollar müsste die Regierung in den nächsten vier Jahrzehnten in das Projekt investieren. Diese auf den ersten Blick gewaltige Summe beträgt jedoch, vergleicht man die jährlichen Kosten miteinander, weniger als die Agrarsubventionen der Vereinigten Staaten. Laut Zweibel, Mason und Fthenakis steht ihrem Plan nur das fehlende öffentliche Bewusstsein für Solarenergie entgegen.

Auch in Europa ist die Energiewende machbar, sagt indessen der Kasseler Physiker Gregor Czisch. Im Gegensatz zu den Amerikanern setzt Czisch, dessen Plan ebenfalls in Spektrum der Wissenschaft vorgestellt wird, jedoch vor allem auf Windkraft. Bereits in zwanzig Jahren, so führt Czisch vor, könnten Europa und einige Nachbarstaaten ihren kompletten Elektrizitätsbedarf mit erneuerbaren Energien decken.