Freitag, 21. Januar 2011

Rendezvous im All

Am Valentinstag erreicht eine irdische Besucherin den Kometen Tempel 1

Aus: Sterne und Weltraum, Februar 2011

Erstmals wird Mitte Februar 2011 ein Komet wiederholt von einer Raumsonde besucht: Stardust-NExT fliegt am Kern des Kometen 9P/Tempel 1 vorbei und nimmt diesen – sechs Jahre, nachdem er von der Sonde Deep Impact beschossen wurde – erneut unter die Lupe. Die neuen Untersuchungen lassen spektakuläre Ergebnisse erwarten.

Kometen sind Überreste aus der Frühphase des Planetensystems, die sich lange in den sehr kalten Außenbezirken des Sonnensystems aufgehalten haben. Die "tiefgefrorenen" Urmaterialien der eisigen Schweifsterne blieben über diese lange Zeitspanne hinweg nahezu unverändert erhalten und lassen sich nun mit Raumsonden untersuchen.

Der Komet Tempel 1 wurde im Juli 2005 bereits von der US-Raumsonde Deep Impact erkundet und dabei mit einem 372 Kilogramm schweren Projektil beschossen. Der kühlschrankgrosse Impaktor schlug auf der Oberfläche des Kometenkerns ein und erzeugte dabei einen Krater. Deep Impact kartierte große Teile der Kometenoberfläche und untersuchte die Fontäne aus freigesetztem Auswurfmaterial. Der ausgeworfene Staub war aber so dicht, dass der Einschlagkrater hinter der Auswurffontäne verborgen blieb.

In der Februar-Ausgabe der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" beschreibt Harald Krüger, der am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau Kometen und kosmischen Staub erforscht, den zweiten Vorbeiflug einer Sonde am Kometen Tempel 1: Am 14. Februar 2011, knapp sechs Jahre nach dem Vorbeiflug von Deep Impact, wird sich die US-Raumsonde Stardust-NExT bis auf 200 Kilometer dem Kometenkern annähern und den aus eisigem Staub bestehenden Brocken analysieren. Der Vorbeiflug erfolgt nur 39 Tage nach dem Durchlauf des Kometen durch den sonnennächsten Punkt seiner Bahn um die Sonne. Der Komet Tempel 1, der mit einer Sonnenumlaufzeit von 5,5 Jahren zu den kurzperiodischen Kometen gehört, wird sich folglich beim Rendezvous mit Stardust-NExT von seiner aktivsten Seite zeigen.

Stardust-NExT ist eine "Recycling-Raumsonde", die im Jahr 1999 gestartet worden war, 2004 bereits am Kometen 81P/Wild 2 vorbeiflog und dabei erfolgreich Messdaten sammelte. Nach dieser ersten Kometenpassage korrigierten die Missionskontrolleure der NASA die Bahn von Stardust-NExT durch mehrere Manöver und einen Vorbeiflug an der Erde so, dass die Sonde nun den Kometen Tempel 1 erreichen wird. Die Analyse der von Deep Impact gesammelten Daten hatte ergeben, dass die Dichte dieses Kometenkerns lediglich 0,35 Gramm pro Kubikzentimeter beträgt – eine Dichte, die wesentlich geringer ist als diejenige von Wasser. Könnte der Kern zur Erde gebracht werden, würde er auf einem irdischen Ozean schwimmen wie ein Eisberg.

Die erneute Untersuchung von Tempel 1 soll nun Aufschluss geben über die Größe und Form des von Deep Impact künstlich erzeugten Einschlagkraters. Hat der Krater eine schüsselartige Form oder ist seine Gestalt etwa komplexer? Die Forscher hoffen, mehr Informationen über die Materialeigenschaften und den inneren Aufbau des Kerns zu gewinnen. Aus geologischer Sicht interessiert die Frage, wie sich der Kern seit seiner Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahren durch die Einwirkung der Sonne verändert hat. Die Sublimation von flüchtigen Stoffen verursacht Veränderungen auf der Oberfläche des Kometen.

Um tatsächlich Antworten auf die offenen Fragen zu finden, muss Stardust-NExT im Februar 2011 den künstlichen Krater auch wirklich fotografieren. Eine erfolgreiche Beobachtung des Einschlagkraters gelingt nur dann, wenn Stardust-NExT auf derjenigen Seite des Kometenkerns vorbeifliegt, auf der sich der Krater befindet und die von der Sonne beleuchtet wird. Die Rotationsperiode des Kerns wird beeinflusst durch das Ausströmen von Wasserdampf und Staub – ein Prozess, der sich im Detail nur schwer modellieren lässt. Mittels der Beobachtungen von Deep Impact und von der Erde aus konnte die Rotationsperiode aber genau bestimmt werden, sodass der Ablichtung des Kraters nichts im Weg zu stehen scheint.