Mittwoch, 6. Juli 2011

Minister geben grünes Licht für „Tschechisch-Diplom“ an Bayerns Schulen

Tschechien und Bayern haben ein offizielles gemeinsames Abkommen unterzeichnet, das erstmals tschechische Sprachprüfungen fest in den bayerischen Schulalltag integriert.


Regensburg (ce-press - internet-zeitung) – „Ich weiß, dass man das A am Ende von Frauennamen lang ausspricht“, sagte Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle versuchte es mit einer ganz eigenen Interpretation des tschechischen Willkommensgrußes „Dobry den“. Doch beide bekannten, ein wenig neidisch auf die 42 bayerischen Schüler, die in diesem Jahr erstmals eine offizielle tschechische Sprachprüfung ablegt hatten, seien sie schon. Bei einem Festakt im Historischen Reichssaal in Regensburg feierten tschechische und bayerische Politiker gestern (4. Juli) gemeinsam eine neue Dimension der Sprachpartnerschaft. Erstmals können Realschüler aus dem Freistaat ihre Tschechisch-Kenntnisse offiziell zertifizieren lassen. „Das ist ein Tag von zentraler Bedeutung“, freute sich Tschechiens Schulminister Josef Dobes, der eigens nach Regensburg gekommen war. Er und sein bayerischer Amtskollege unterschrieben eine gemeinsame Erklärung, die die von der renommierten Karlsuniversität in Prag ausgearbeiteten Tschechisch-Diplome“ zum offiziellen Standard an bayerischen Realschulen macht.

Bayerns Kultusminister bezeichnete die Erklärung als „Meilenstein des alltäglichen Miteinanders zwischen Partnern, zwischen Freunden.“ Die beiden Minister überreichten den 42 Teilnehmern der Premieren-Klausur ihre Zeugnisse. „Ihr seid jetzt Botschafter zwischen der deutschen und tschechischen Kultur“, sagte Staatsminister Spaenle, der die gemeinsame Erklärung im vergangenen Dezember bei einem Besuch im tschechischen Schulministerium in Prag bereits vorbereitet hatte. „Um Nachbarn zu sein, braucht man nichts weiter als eine Postleitzahl, um Freunde zu werden, muss man den anderen verstehen“, betonte er. An „einer Grenze, die keine mehr sein soll und keine mehr ist“, könnten durch die Jugendlichen neue Verbindungen und neue Freundschaften geknüpft werden.

Tschechiens Schulminister Josef Dobes saß in der ersten Reihe des Historischen Regensburger Reichsaals und lächelte, als er diese Worte hörte. Wer weiß, wie selten tschechische Minister Termine beim deutschen Nachbarn persönlich wahrnehmen, der wusste, welche Wichtigkeit die tschechische Regierung dem Thema beimisst. In seiner auf Tschechisch gehaltenen Rede betonte Dobes: „Ich ziehe meinen Hut vor all jenen, denen es gelungen ist, bayerische Schüler zum Tschechischlernen zu motivieren.“ In der Euphorie des Augenblicks fügte er dem offiziellen Redemanuskript einige persönliche Sätze hinzu: „Ich bin selbst Vater von vier Kindern, zwei davon sprechen sehr gut Deutsch“, hob er an. Und schloss unter dem Beifall der Gäste: „Ich weiß, ich habe da jetzt noch einiges nachzuholen.“

Die „Gemeinsame Erklärung“, die die beiden Minister unterzeichneten, legt 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, zum ersten Mal einen verbindlichen Rahmen für eine offizielle tschechische Sprachprüfung nach dem Europäischen Referenzsystem (A1-B2) fest. Im Abkommen bekennen sich beide Ministerien zur Zusammenarbeit. Zusätzlich unterzeichneten das bayerische Kultusministerium und die Karlsuniversität Prag eine Vereinbarung. Darin geregelt: die fachliche Unterstützung bei der Prüfungspraxis durch die Experten der größten tschechischen Universität.

Besonders einer hatte durch unermüdlichen Einsatz viele Jahre für diesen Moment gekämpft: Ludwig Meier, der Ministerialbeauftragte für die Realschulen in der Oberpfalz. Ihm ist es zu verdanken, dass in der ostbayerisch-westböhmischen Grenzregion in mehr Schulen Tschechisch auf dem Stundenplan steht als in jeder anderen deutsch-tschechischen Grenzregion: Rund 70 Prozent aller Realschulen beteiligen sich derzeit; etwa 600 Jugendliche büffeln die Sprache des Nachbarn. „Und ich bin sicher, es werden noch mehr“, sagte Meier.