Freitag, 24. August 2012

Dem Schwindel auf der Spur

Aus: Gehirn&Geist, September 2012

"Was Schwindelpatienten an Medikamenten verschrieben wird, ist eine Katastrophe!" Thomas Brandt ist nicht gut auf seine Medizinerkollegen zu sprechen. Der Direktor des Deutschen Schindelzentrums am Münchner Klinikum Großhadern kennt die Odysseen, die viele seiner Patienten hinter sich haben. Hals-Nasen-Ohrenärzte, Neurologen oder Psychiater – sie alle sähen nur ihr eigenes Fachgebiet und würden ihren Patienten oft wenig helfen. Deshalb initiierte Brandt im vergangenen Jahr die Gründung des Schwindelzentrums. Wie die Ärzte dort den Ursachen von Gleichgewichtsstörungen auf den Grund gehen, schildert das Wissenschaftsmagazin "Gehirn&Geist" in seiner neuen Ausgabe (9/2012).

Brandts Kollege Michael Strupp beklagt ebenfalls die schlechte Versorgung von Schwindelpatienten: "Die Mehrzahl der Untersuchungen sind unnötig; die Patienten erhalten Medikamente, die nicht wirken – aber viel Geld kosten." Die Münchner Ärzten spüren den Ursachen von Gleichgewichtsstörungen mit einer Vielzahl technischer Hilfsmittel nach. Doch das entscheidende Diagnosemittel laute schlicht: genau zuhören!

Wenn ein Patient beispielsweise schildert, dass ihm an der Supermarktkasse regelmäßig schwindlig wird, liegen psychische Ursachen auf der Hand. Noch häufiger beruhen heftige Schwindelattacken jedoch darauf, das winzige Kristalle im Innenohr "verrutschen" und dem Gleichgewichtssinn dadurch Drehbewegungen des Kopfes vorgaukeln. Für diese Fälle haben die Münchner Mediziner Bewegungsübungen entwickelt, mit denen sich die Kristalle wieder herausspülen lassen, was den Betroffenen sofortige Linderung verschafft. Wie Strupp betont, erlebten viele Patienten diese schnelle und einfache Therapie "wie eine Wunderheilung".