Montag, 29. Oktober 2012

Bad Abbach/Berlin (obx) - Ostbayern setzt neue Qualitätsstandards bei der Operation von Hüft- und Knie-Implantaten

In der Bundesrepublik gibt es nur noch 15 weitere Spezialkliniken mit dieser Höchstzertifizierung / Weltweites Zertifizierungsmodell "EndoCert" soll Operationsqualität bei Gelenkimplantaten verbessern und Patienten Orientierungshilfe bei der Wahl der besten Klinik geben

Bad Abbach/Berlin (obx) - Ostbayern setzt neue Qualitätsstandards bei der Operation von Hüft- und Knie-Implantaten: Als nur eine von drei Einrichtungen im Freistaat ist die Orthopädische Klinik für die Universität Regensburg in Bad Abbach jetzt als Endoprothetik-Zentrum für die Maximalversorgung bei Hüft- und Knie-Implantationen zertifiziert worden. In Bad Abbach werden jährlich rund 20.000 Patienten behandelt. Das Zentrum gilt international als Vorreiter für minimalinvasive Operationsverfahren und Präzisionsnavigation in der Gelenk-Chirurgie - eine Voraussetzung für optimale Operationsergebnisse.

"Die Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie als "Endoprothetik-Zentrum der Maximalversorgung" spiegelt das besondere Qualitätsniveau unserer Bad Abbacher Klinik wider", sagte Klinikdirektor Professor Dr. Joachim Grifka am Montag vor Journalisten in Regensburg. Die Zertifizierungsurkunde wurde der Klinikleitung letzten Donnerstag (25.10.) im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin überreicht.

In mehr als dreijähriger Vorarbeit hat die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) das neue Zertifizierungssystem EndoCert zusammen mit anderen ärztlichen Berufsverbänden als Qualitätsstandard für orthopädische Kliniken in ganz Deutschland entwickelt. Bisher gab es in der Bundesrepublik nur selbsternannte Endoprothetik-Zentren ohne Qualitätsüberprüfung. EndoCert gilt auch weltweit als erste Qualitätsoffensive im Gelenkersatz. Die Zertifizierung soll in Zukunft vor allem auch Patienten helfen, Behandlungszentren mit maximaler Kompetenz für den Einsatz von Knie- und Hüftprothesen zu finden und die Operationsqualität insgesamt in der Bundesrepublik im Bereich der Gelenkimplantation zu verbessern.

Seit Jahren werden von den Ärztekammern Behandlungsfehler bei künstlichem Gelenkersatz beklagt, wobei Knie- und Hüftarthrosen zu den häufigsten Diagnosen gehören, die zu Behandlungsfehler-Vorwürfen führen. Rund 400.000 Knie- und Hüftgelenke werden derzeit jedes Jahr in Deutschland eingesetzt. In den ersten zwei Jahren nach der Erstimplantation muss bei 3,3 Prozent der Hüftprothesen und 6,5 Prozent der Knieprothesen nachoperiert und die Prothesen ausgewechselt werden. Hauptursache ist die Lockerung der Implantate, resultierend vor allem aus der mangelnden Operationsroutine in manchen Kliniken.

Der DGOOC zufolge werden heute in 1149 deutschen Krankenhäusern Gelenkprothesen eingesetzt, in 40 Prozent dieser Kliniken aber werden weniger als 50 Operationen pro Jahr durchgeführt. "Neben der fachlichen Kompetenz und dem operativem Know-how der Chirurgen sind vor allem die Spezialisierung, Erfahrung und eingespielten Abläufe bei solchen anspruchsvollen Operationen für den langfristigen Operationserfolg entscheidend", sagt Prof. Grifka, der Direktor der Orthopädischen Klinik für die Universität Regensburg. Im Klinikum Bad Abbach werden jährlich rund 5000 Operationen durchgeführt.

2011: 1800 künstliche Gelenke in Bad Abbach

Die Kriterien zur Zertifizierung der Bad Abbacher Klinik und aller anderen Zentren im Rahmen von EndoCert waren streng: Prüfungskommissionen bestehend aus selbst operativ erfahrenen Experten überprüften in den Häusern den perfekten Behandlungsablauf: von der voroperativen Prothesenplanung, einer nahtlos abgestimmten Operationsabwicklung, über die Nachbehandlung auf der Station bis hin zur begleitenden krankengymnastischen Anleitung.

Auch die Zertifizierungshürden für jeden Operateur sind hoch, wie der Gelenkexperte und Oberarzt an der Orthopädischen Klinik Bad Abbach Privatdozent Dr. Tobias Renkawitz verdeutlicht: "Neben einer hohen Eingriffszahl und Ergebnisqualität muss jeder Spezialist bei uns Nachweise regelmäßiger Fortbildung erbringen." Häuser der Höchstversorgungsstufe wie in Bad Abbach müssen mindestens 200 Gelenkimplantationen pro Jahr durchführen. Maximalversorgungszentren sind auch Anlaufstellen für schwierige Behandlungen, die andernorts nicht durchgeführt werden können. Die zertifizierten Kliniken müssen auch über ein umfassendes Qualitätsmanagement-System verfügen.

Mit an der Spitze in Deutschland

Das mit der Universität Regensburg vernetzte Klinikzentrum in Bad Abbach gilt international als Vorreiter für minimalinvasive Operationsverfahren und Präzisionsnavigation in der Gelenk-Chirurgie. Eine von Oberarzt Privatdozent Dr. Tobias Renkawitz geleitete Expertengruppe wurde für die Entwicklung dieser Verfahren vom Bundeministerium für Bildung und Forschung mit dem hochrangigen "Innovationspreis Medizintechnologie" ausgezeichnet. Mit Hilfe dieser Technik können künstliche Gelenke in Hüfte und Knie nunmehr millimetergenau eingebracht werden und gewährleisten eine präzise und optimale Funktion bei langer Haltbarkeit.

Bei deutschlandweiten Vergleichen von Ärzten und Behandlungszentren, etwa in der vom Nachrichtenmagazin Focus regelmäßig veröffentlichte Liste der besten Ärzte Deutschlands, belegt das Orthopädische Klinikum in Bad Abbach regelmäßig Spitzenplätze. Auch in der Bestenliste 2012 erhielt Professor Dr. Joachim Grifka sowohl in der Rubrik "Hüftspezialisten" wie auch im Fachbereich "Kniespezialisten" Bestnoten bei den Kriterien "von Kollegen empfohlen" und "von Patienten empfohlen". Als Spezialgebiete des Bad Abbacher Chirurgen wurde die Einpflanzung von Knie- und Hüftprothesen und die Knorpelchirurgie herausgestellt, unter Hinweis auf die besondere Kompetenz im Bereich gelenkerhaltende Therapie, navigationsgestützte Operationen und Sportverletzungen.