Samstag, 10. November 2012

Darmstädter Experten erforschten Tierwelt am Ur-Rhein

Darmstadt (internet-zeitung) – Der Name von Darmstadt wird in dem Taschenbuch „Der Ur-Rhein. Rheinhessen vor zehn Millionen Jahren“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst sehr oft erwähnt. Kein Wunder: Bei der Erforschung der exotischen Tierwelt spielten das Hessische Landesmuseum Darmstadt und Darmstädter Paläontologen eine wichtige Rolle.

Von 1817 bis 1913 wurden im Großherzoglichen Museum Darmstadt, dem Vorläufer des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, insgesamt 817 Fossilien aus Eppelsheim und 1230 aus Esselsborn registriert. Eppelsheim und Esselborn gehören zu dem rund ein Dutzend Fundorten in Rheinhessen mit Ablagerungen des Ur-Rheins, die Zähne und Knochen von Säugetieren aus dem Obermiozän vor etwa zehn Millionen Jahren enthalten.

Die Ablagerungen des Ur-Rheins werden als Dinotheriensande bezeichnet, weil in ihnen oft Reste des riesigen Rüsseltieres Deinotherium giganteum – volkstümlich Dinotherium genannt – zum Vorschein kamen. Das bis zu etwa 3,60 Meter große Deinotherium giganteum – zu deutsch: „Riesiges Schreckenstier“ – ist 1829 von dem berühmten Darmstädter Paläontologen Johann Jakob Kaup (1873) erstmals beschrieben und benannt worden. Ernst Schleiermacher (1755-1844), der erste Direktor des Großherzoglichen Museums Darmstadt, hat die Bedeutung der Funde aus dem Dinotheriensanden in Rheinhessen erkannt und ihre Erforschung maßgeblich gefördert.

Kaup hat von den bisher bekannten 34 Säugetierarten vom Fundort Eppelsheim allein mehr als die Hälfte untersucht, beschrieben und bekannt. Darunter waren neben dem Rüsseltier Deinotherium auch das merkwürdige krallenfüßige Huftier Chalicotherium, die Säbelzahntiger Machairodus und Paramachairodus, der Bärenhund Agnotherium, der Katzenbär Simocyon, der Ur-Elefant Tetralophodon, die Nashörner Aceratherium, Brachypotherium und Dihoplus, Tapire, Schweine und kleinwüchsige Hirsche.

Funde aus den Ablagerungen des Ur-Rheins wurden auch von den Darmstädter Paläontologen Oskar Haupt (1878-1939) und Karl Weitzel (1890-1949) wissenschaftlich untersucht, beschrieben und benannt. Haupt beschrieb 1935 den rätselhaften Menschenaffen Rhenopithecus eppelsheimensis und Weitzel 1930 den etwa 1,90 Meter langen Bärenhund Amphicyon.

Viele der Funde aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Rheinhessen werden noch heute im Hessischen Landesmuseum Darmstadt aufbewahrt. Als wissenschaftlich besonders wertvoll gilt der rund 28 Zentimeter lange Oberschenkelknochen des Menschenaffen Paidopithex rhenanus aus Eppelsheim, über den noch heute Experten in aller Welt diskutieren und sich nicht einig sind, worum es sich dabei eigentlich handelt.

Von dem 1835 in Eppelsheim entdeckten Oberschädel des Rüsseltieres Deinotherium wird im Hessischen Landesmuseum Darmstadt ein Abguss aufbewahrt. Solche Abgüsse befinden sich auch in Museen von Basel, Frankfurt am Mainz, Mainz und im Dinotherium-Museum in Eppelsheim. Das Original dagegen ist in London zu bewundern.

Das Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ schildert auch die Anfänge des Rheins, der zunächst einen ganz anderen Lauf und eine andere Länge als heute hatte. Vor ca. zehn Millionen Jahren floss er noch nicht durch die Gegend von Oppenheim, Nierstein, Nackenheim, Mainz und Wiesbaden, sondern westlich davon über das Gebiet von Alzey zur Binger Pforte.

Der Text des Taschenbuches ist mit vielen Abbildungen aufgelockert. Eine Augenweide sind 21 Zeichnungen des Prager Malers Pavel Major, die im Auftrag der Gemeinde Eppelsheim für das Dinotherium-Museum angefertigt wurde. Das Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ umfasst 264 Seiten und ist zum Preis von 24,99 Euro beim Buchgroßhändler „Libri“, bei „Amazon“ und in jeder guten Buchhandlung erhältlich.

Das Taschenbuch „Der Ur-Rhein“ ist drei Männern gewidmet, die sich auf unterschiedliche Art und Weise verdient gemacht haben: Dem Paläontologen Dr. Jens Lorenz Franzen aus Titisee-Neustadt, dem Altbürgermeister Heiner Roos aus Eppelsheim und dem bereits im 19. Jahrhundert verstorbenen Paläontologen und Zoologen Johann Jakob Kaup aus Darmstadt.

Dr. Jens Lorenz Franzen (geb. 1937) ist langjähriger Mitarbeiter des Forschungsinstitutes Senckenberg in Frankfurt am Main, Wiederentdecker der Dinotheriensand-Fundstelle und Begründer der ersten wissenschaftlichen Grabungen bei Eppelsheim. Heiner Roos (geb. 1934), der frühere Bürgermeister von Eppelsheim, ist der „geistige Vater“ des Dinotherium-Museums in Eppelsheim. Mit Johann Jakob Kaup (1803-1873) hat die Erforschung der Säugtierfauna aus den Dinotheriensanden bei Eppelsheim einst angefangen.

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Inhalt des Taschenbuches „Der Ur-Rhein“:

Ein wichtiges Mosaikstück in der teilweise immer noch rätselhaften Geschichte des viertgrößten Stromes Europas ist der Ur-Rhein in Rheinhessen gegen Ende des Miozäns vor etwa zehn Millionen Jahren. Ablagerungen dieses Flusssystems sind die nach einem Rüsseltier bezeichneten Dinotheriensande.

Der Ur-Rhein in Rheinhessen floss ab dem Raum Worms - weiter westlich als in der Gegenwart - auf die Binger Pforte zu. Der damalige Fluss berührte nicht - wie heute - die Gegend von Oppenheim, Nierstein, Nackenheim, Mainz, Wiesbaden und Ingelheim. Das geschah erst später.

Am Ur-Rhein existierte eine exotische Tierwelt, wie man vor allem durch Funde bei Eppelsheim, am Wissberg bei Gau-Weinheim und bei Dorn-Dürkheim weiß. In der Gegend von Eppelsheim etwa lebten Rüsseltiere, Säbelzahnkatzen, Bärenhunde, Tapire, Nashörner, krallenfüßige Huftiere, Ur-Pferde und sogar Menschenaffen.

Eppelsheim genießt weltweit in der Wissenschaft einen guten Ruf. Zusammen mit dem Pariser Montmartre gehört der kleine Ort südlich von Alzey zu jenen großartigen Fossillagerstätten, mit denen die Erforschung ausgestorbener Säugetiere in Europa begonnen hat.

Obwohl sich viele Wissenschaftler mit dem Ur-Rhein befasst haben, gibt dieser Fluss weiterhin Rätsel auf. Es sind noch zahlreiche Grabungen und andere wissenschaftliche Untersuchungen nötig, um zumindest die wichtigsten Fragen über seine Entwicklung zu klären.

Das Taschenbuch "Der Ur-Rhein. Rheinhessen vor zehn Millionen Jahren" stammt aus der Feder des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst. Er hat zahlreiche Werke über prähistorische Themen - wie "Deutschland in der Urzeit", "Deutschland in der Steinzeit", "Deutschland in der Bronzezeit", "Rekorde der Urzeit", "Rekorde der Urmenschen", „Höhlenlöwen“, „Der Mosbacher Löwe“, „Säbelzahnkatzen“ und „Der Höhlenbär“ - veröffentlicht.

Bestellungen des Taschenbuches „Der Ur-Rhein“ bei:
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