Mittwoch, 21. November 2012

Goldene Zeiten am Limes

Aus: Spektrum der Wissenschaft, Dezember 2012

Heidelberg. Wo Rom herrschte, waren weder seine Kaiser noch seine Gottheiten fern: Auf den Foren der Städte wie in den Militärlagern zeigten Großbronzen des Herrschers eindrucksvoll, wer im Reich das Sagen hatte, Götterbildnisse schmückten Tempel und Heiligtümer. Auch die Kastelle und zivilen Siedlungen nördlich der Alpen machten da keine Ausnahme. Mehr als 4000 Fragmente legen davon ein beredtes Zeugnis ab, ausgegraben an mehr als 120 Fundplätzen in einem Gebiet, das von der Schweiz über Deutschland bis in die Niederlande reicht. Oft unscheinbar lagerten sie in Museen und Archiven, erst seit 2010 untersuchen Archäologen, Restauratoren und Naturwissenschaftler sie im Rahmen des Projekts "Römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes".

Das Geschick der Bronzegießer äußerte sich nicht allein in der Gestaltung und Fertigung der Figuren, vielmehr erwiesen sie sich auch dort am Rande der römischen Welt als Meister der Vergoldung. Wie Spektrum der Wissenschaft in der Dezember-Ausgabe berichtet, müssen sie bei einigen Fragmenten Tricks und Kniffe eingesetzt haben, denen die Forscher nun in Experimenten auf der Spur sind.

Hintergrund: Gold galt in der Antike als Symbol der Unsterblichkeit und diente zudem als künstlerisches Mittel, um eine Statue lebendiger wirken zu lassen. Neben der Rekonstruktion der ursprünglichen Statuen wollen die Forscher auch neue Einsichten in antike Fertigungstechniken beispielsweise zur Bronzevergoldung gewinnen. Dazu kooperieren das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg (ALM), das Institut für Archäologische Wissenschaften der Goethe Universität Frankfurt und das LVR-LandesMuseum Bonn, unterstützt durch eine große Anzahl von Projektpartnern an Museen, Universitäten und spezialisierten Forschungsinstituten.

An 22 Fragmenten durften die Forscher eine Probe entnehmen. Diese wurde angeschliffen und am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim mit einem Rasterelektronenmikroskop untersucht. Zumeist hatten die Handwerker wohl eine hauchdünne Goldfolie mit Öl, Harz, Wachs oder Eiweiß auf die Bronze aufgeklebt und sie dann aufpoliert. In wenigen Fällen bedienten sich aber überraschenderweise auch Techniken, bei denen durch Hitzeeinwirkung eine robuste Übergangsschicht zwischen dem Edelmetall und der Bronze entstand.

Irritiert hat das die Wissenschaftler vor allem aus einem Grund: Diese Techniken dienten sonst der Silbervergoldung, denn sie eigneten sich eigentlich nicht für römische Bronzen. Denn die enthielten normalerweise auch Blei, das verschiedene Vorteile beim Guss und bei der Nachbearbeitung bot, mit dem Gold aber zu unschönen "Grauschleiern" reagiert hätte. In Experimenten an Bronzeproben nach Originalrezepten erkundeten die Forscher, welche Möglichkeiten damals zur Verfügung standen, das störende Blei zu entfernen. Tatsächlich hätte bereits eine Erhitzen und Ablöschen mit kaltem Wasser sowie Behandlung mit Zitronensäure und anschließendes Baden einige Probleme gelöst: Da das Blei in Form winziger Tröpfchen in der Bronze verteilt war, hätte es sich danach aus der Oberfläche leicht herausbürsten lassen.

Ob die römischen Handwerker diese Technik kannten und nutzten, hoffen die Wissenschaftler bis März 2014 zu klären. Dann nämlich wollen sie ihre Ergebnisse im LVR-LandesMuseum Bonn mit einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentieren.