Donnerstag, 20. Dezember 2012

Flughafen München: Ostbayerns Unternehmen drängen auf den Bau der dritten Startbahn

Ein Bürgerentscheid blockiert seit Sommer den Ausbau von Deutschlands zweitgrößtem Flughafen. Jetzt fürchtet Ostbayerns Exportwirtschaft um ihre Wachstumschancen.

Regensburg/München (obx) - Seit der Eröffnung des Flughafens Franz Josef Strauß vor 20 Jahren hat sich die Zahl der Passagiere auf Deutschlands zweitgrößtem Flughafen nahezu verdreifacht. Mittlerweile platzt der Airport aus allen Nähten. Weil seit Sommer ein Bürgerentscheid den Bau der dritten Start- und Landebahn blockiert, fürchten Ostbayerns Unternehmen um ihre Zukunftschancen auf den Weltmärkten. "Die Nähe zum Airport war für viele in Niederbayern und der Oberpfalz angesiedelten Unternehmen bisher ein entscheidender Wachstumsmotor, der nicht ins Stottern kommen darf", heißt es in einer Stellungnahme der IHK Niederbayern in Passau.

Mit rund 38 Millionen Fluggästen im vergangenen Jahr und mehr als 1000 Tonnen Frachtumschlag am Tag bewegt sich der Flughafen München nach Betreiber-Angaben bereits heute an seiner Belastungsgrenze. Anfragen der Airlines nach Kapazitätserweiterungen müssten abgewiesen werden. Doch ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht: Bis 2025 erwartet der Flughafen München zusätzliche 20 Millionen Fluggäste pro Jahr.

Die geplante vier Kilometer lange dritte Start- und Landebahn würde das Problem lösen: Sie soll künftig 120 statt bisher maximal 90 Flugbewegungen pro Stunde ermöglichen. Doch wie so viele wichtige wirtschaftliche Großprojekte in Deutschland liegt auch der Bau der rund 1,2 Milliarden teuren dritten Startbahn nach dem Nein aus dem Münchner Bürgerentscheid vom Juni erst mal auf Eis. Die Projektgegner befürchten zu hohen Fluglärm für die Anwohner und übermäßige Umsiedelungen.

Leidtragend ist die Wirtschaft. Besonders Ostbayerns exportorientierte Betriebe würden die zu erwartenden Kapazitätsengpässe am Münchner Flughafen in Zukunft empfindlich treffen. Viele Unternehmer der Region drängen daher auf einen raschen Bau der dritten Startbahn.

"Unsere Wachstumsmärkte liegen in Asien und Amerika, wo wir bald die Hälfte unseres Umsatzes machen werden. Für Warentransporte und Dienstreisen sind wir auf einen leistungsfähigen Flughafen München dringend angewiesen", sagt Helmuth Frisch, Geschäftsleiter bei der S+S Separation and Sorting Technology GmbH aus Schönberg im Bayerischen Wald. S+S liefert mit rund 350 Mitarbeitern Sortiersysteme für Industriebetriebe an Kunden in über 60 Länder rund um den Globus. Die Exportquote liegt bei mehr als 50 Prozent.

Auch die SAR Group mit Sitz im niederbayerischen Dingolfing setzt für ihr weiteres Wachstum auf einen Ausbau des Flughafens München. "Die schnellen Wege zu unseren weltweiten Kunden und Niederlassungen sind für uns und viele andere ostbayerische Unternehmen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Der muss durch den Flughafenausbau gesichert und verbessert werden", sagt Konrad Sigl, Geschäftsführer der SAR Group. SAR liefert seit über 25 Jahren mit mehr als 400 Mitarbeitern Automatisierungstechnik für fast alle Branchen rund um den Globus.

"Für unsere weltweiten Kundenkontakte und eine schnelle Ersatzteilversorgung ist der Flughafen München für uns von enormer Bedeutung. Der Ausbau des Flughafens ist ein wichtiger Schritt", sagt Florian Attenhauser, Sprecher der Sennebogen Maschinenfabrik GmbH aus Straubing. Sennebogen entwickelt und produziert Kräne und hat weltweit mehr als 1000 Mitarbeiter sowie über 120 Vertriebspartner.

Trotz guter Argumente aus der Wirtschaft: Aktuell ist der Flughafenausbau mit dem gut 54-prozentigen Nein aus dem Münchner Bürgerentscheid vorerst gestoppt. Doch es gibt weiter Hoffnung auf eine Fortführung des Projekts. Erst kürzlich hat die Bayerische Staatsregierung den Bau der dritten Startbahn in das aktuelle Landesentwicklungsprogramm aufgenommen. Damit bleibt das Vorhaben trotz Bürgerentscheid ein offizielles Ziel des Freistaats - Umsetzung ungewiss.