Mittwoch, 12. Dezember 2012

Niederbayern: "hölzerne Konkurrenz" für russische und arabische Öl-Multis

Holz ist als Energielieferant und für viele Bereiche der Wirtschaft so wichtig wie Öl. Niederbayern sitzt in Sachen Holz auf gewaltigen "Energiereserven": Der Regierungsbezirk kann mit seiner starken Holzindustrie am Rande des größten zusammenhängenden Waldgebiets Mitteleuropas aus dem Vollen schöpfen.

Passau (obx) - Holz gilt als einer der Werkstoffe der Zukunft: umweltfreundlich, klimaneutral auch als Brennstoff und beinahe grenzenlos flexibel in vielen Bereichen unseres Lebens einsetzbar. Gut für Niederbayern: Der Regierungsbezirk im Osten Bayerns liegt direkt an und teilweise auch im größten zusammenhängenden Waldgebiet Mitteleuropas, das sich von Ostbayern über Böhmen bis nach Oberösterreich erstreckt. Es umfasst über 6000 Quadratkilometer - ein enormes und immer wieder nachwachsendes Energie- und Rohstoffreservoir. In kaum einer Region Europas wird der Wald so effizient und mit modernster Technik genutzt wie in Niederbayern.

Mit High-Tech kultiviert die Holzwirtschaft der Region heute ihr "natürliches Kapital", intelligent gemanagt und gesteuert von computergestützten Wachstumsmodellen und fotografischer Kartierung unter Einsatz von unbemannten, fliegenden Drohnen.

Mit rund zwei Milliarden Euro Jahresumsatz ist Holz ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor in Ostbayern. Allein in Niederbayern sind derzeit rund 45.000 Menschen in der Holzwirtschaft beschäftigt - vom Schreiner bis zum Holzspielzeug-Produzenten, vom Tragwerkskonstrukteur bis zum Pellet-Lieferanten für C02-neutrale Heizungen.

Ein absoluter Rekord: auf einen Hektar niederbayerischen Boden kommen in der Region zwischen Straubing, Landshut und Passau rund 430 Kubikmeter hochwertiges Holz - so viel wie nirgendwo sonst auf dem Kontinent. Etwa 30.000 Waldbesitzer bewirtschaften derzeit die rund 350.000 Hektar Wälder in der Region.

Experten sagen voraus: In Zukunft wird Niederbayerns "hölzernes Kapital" weiter an Wert gewinnen. Besonders in der Bauwirtschaft und als klimaneutraler Energieträger erlangt Holz immer größere Bedeutung. Der Wert des Holzes als hochwertiges Dämm-Material wird zunehmend wiederendeckt. Und als Brennstoff in modernen Pellet- und Hackschnitzel-Heizungen ist Holz auch angesichts der hohen Öl- und Gaspreise heute ein wettbewerbsfähiger regenerativer Energieträger.

Gleichzeitig erschließt Niederbayerns Holzindustrie immer neue Anwendungsgebiete. So gibt Holz in der Bauwirtschaft in Verbindung mit Beton modernen Brücken große Flexibilität bei gleichzeitig hoher Festigkeit. Auch bei Windrädern von über 100 Metern Höhe setzen verschiedene Unternehmen heute auf Holz, statt der üblichen Betonmasten. Befürworter sagen: kein anderer Massenwerkstoff bietet mehr Festigkeit bei gleichzeitig geringem Eigengewicht. Zerlegt in seine wertvollen chemischen Bestandteile steckt Holz heute auch als Basissubstanz in modernen Kunststoffen für die Autoindustrie.

Um Niederbayerns "hölzernes Kapital" in Zukunft noch besser zu vermarkten haben sich mittlerweile über 460 Betriebe und Institutionen dem "Netzwerk Forst und Holz Bayerischer Wald" angeschlossen. Die Initiative der sechs Bayerwald-Landkreise Cham, Straubing-Bogen, Passau, Regen, Freyung-Grafenau und Deggendorf will die Wertschöpfung aus dem traditionellen Werkstoff künftig noch weiter steigern.

Doch Ostbayerns Wälder dienen nicht nur der Wirtschaft. Von der umsichtigen und nachhaltigen Holzwirtschaft am "grünen Dach Europas" profitiert besonders der Umweltschutz. Denn trotz jährlich rund drei Millionen Festmeter Holzeinschlags in Niederbayern ist der Bayerische Wald in den letzten 40 Jahren um etwa 15.000 Hektar gewachsen. Das größte zusammenhängende Waldgebiet Mitteleuropas bietet heute 14.000 Tier- und 6000 Pflanzenarten eine Heimat. Außerdem saugt die "grüne Lunge Europas" in jeder Minute rund acht Tonnen klimaschädliches Kohlendioxyd aus der Atmosphäre.