Dienstag, 22. Januar 2013

Im Bayerwald grüßt der Luchs per SMS

Am "grünen Dach Europas" sind Forscher auf der Spur der letzten Geheimnisse frei lebender Luchse - mit moderner Kommunikationstechnik.

Grafenau (obx) - Ein schwarz gepunktetes Fell, scharfe Zähne und putzige Pinselohren - der Luchs ist die größte und wohl auch schönste Raubkatze Europas. Obwohl der Luchs für rund 200 Jahre fast vollständig ausgerottet war, streifen heute wieder einige der prächtigen Katzen durch Europas Wälder. Der Bayerische Wald beherbergt aktuell gemeinsam mit dem angrenzenden tschechischen Böhmerwald die größte wilde Luchspopulation in Deutschland. Rund 15 der Prachtkatzen leben derzeit wieder im größten zusammenhängenden Waldgebiet des Kontinents. In einem einzigartigen Forschungsprojekt versuchen Wissenschaftler des Nationalparks Bayerischer Wald seit einigen Jahren den scheuen Großkatzen ihre letzten Geheimnisse zu entlocken.

Um neue Erkenntnisse über die wilden Luchse im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet zu sammeln, setzt das Forscherteam des Nationalparks Bayerischer Wald auf moderne Technik: Vier Luchse haben die Wissenschaftler derzeit mit Sendern ausgestattet, die regelmäßig Daten über Aufenthaltsort, Temperatur und Bewegung der Tiere liefern. Die Informationen schickt der Peilsender automatisch per SMS - jeder Luchs hat eine eigene Nummer beim Projektsponsor Telekom.

Mit die größte Herausforderung für die Luchsforscher: Den Sender an die scheuen Raubkatzen zu bringen. Dazu werden die Tiere mit Hilfe einer Kastenfalle gefangen, narkotisiert und mit einem Halsband versehen, an dem der winzige Mobilfunksender befestigt ist. Einmal hat sich ein Luchs allerdings auch selbst gefangen - und sprang in das Freigehege des Nationalparks bei Neuschönau zu einer empfängnisbereiten Lüchsin.

Neben den Peilsendern liefern auch rund 60 "Fotofallen" im Bayerischen Wald sowie Funde von gerissenen Tieren und die Untersuchung von Luchs-Kot Auskunft über das Verhalten der Großkatzen. Derzeit tragen mit über 60 Rehen und rund 50 Rothirschen auch viele Beutetiere des Luchs im Bayerischen Wald einen Mobilfunksender. Mit der genauen Erforschung der Lebensgewohnheiten der Luchse wollen die Wissenschaftler des Nationalparks Bayerischer Wald auch ein ungestörtes Nebeneinander von Mensch und Luchs ermöglichen soll.

Im 18. Jahrhundert wurden Luchse in Europa genau wie Bären und Wölfe von den Menschen als Bedrohung und Gefahr für die Nutztierhaltung wahrgenommen. Eine intensive Jagd hat Europas Großjäger schließlich nahezu ausgerottet.

Vor mehr als 20 Jahren wurde der Luchs im tschechischen Böhmerwald wieder angesiedelt und hat sich seitdem auch nach Bayern und Österreich ausgebreitet.