Aus: Sterne und Weltraum, September 2013
Kometen sind sehr eigenwillige Gesellen, sie entwickeln sich keinesfalls immer gemäß den Prognosen. Aber zumindest die heute über ISON vorliegenden Daten stimmen hoffnungsvoll: "Seine Bahn wird ihn auf nur eine Million Kilometer an die Oberfläche des Tagesgestirns heranführen – beste Voraussetzungen für eine spektakuläre Kometenerscheinung im November und Dezember!", freut sich Kometenexperte Andreas Kammerer, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Beobachtung von Schweifsternen befasst. Kammerer ist aktives Mitglied einer auf Kometen spezialisierten Fachgruppe der bundesweiten Vereinigung der Sternfreunde e.V. Im September-Heft der Zeitschrift Sterne und Weltraum stellt er alle für die erfolgreiche Beobachtung relevanten Daten und Fakten vor. »Die Grenze zur Freisichtigkeit sollte ISON in den ersten Novembertagen erreichen«, gibt sich Kammerer optimistisch. Wer weiß: Vielleicht wird ISON der hellste Komet seit Jahrzehnten. Wir dürfen also gespannt sein!
Zum Hintergrund: Einen Kometen wie ISON kann man sich als "schmutzigen Schneeball" vorstellen, der aus den sonnenfernen Bezirken des Planetensystems zu uns kommt. Gelangt ein solcher Klumpen aus gefrorenem Gas und Staub in die Nähe unseres Tagesgestirns, dann erwärmt er sich, wobei das gefrorene Gas und darin eingeschlossene Staubpartikel von der Oberfläche abdampfen.
Die Sonne beeinflusst den Kometen auf zwei verschiedene Arten: Einerseits geht von dem Tagesgestirn energiereiches Licht aus, andererseits auch ein intensiver Strom elektrisch geladener Partikel, der so genannte Sonnenwind. Er reißt das vom Kometenkern abdampfende Gas nach Außen mit. So bildet sich ein gerader Gasschweif, der genau von der Sonne weg weist und der sich über viele Millionen Kilometer in die Tiefen des Raums erstrecken kann. Die ebenfalls vom Kometenkern ausgehenden Staubpartikel bilden einen eigenen Schweif. Dieser Staubschweif kann gekrümmt verlaufen und recht eigentümliche Formen annehmen. Damit prägt er das Aussehen eines großen Kometen und verleiht ihm am Himmel das Aussehen eines "Schweifsterns".
Die auffälligsten Kometen der vergangenen Jahrzehnte waren Hyakutake im Jahr 1996 und Hale-Bopp im Jahr 1997. Sie waren mit bloßem Auge zu bewundern und entwickelten eindrucksvolle Schweife. Der nächste Hoffnungsträger der Astronomen war PANSTARRS, der eigentlich im Spätwinter und Frühjahr 2013 deutlich sichtbar sein sollte. Doch zum Leidwesen der Beobachter entwickelte sich die Helligkeit dieses Kometen nicht wie erwartet, so dass er sich nur in Ferngläsern und Teleskopen verfolgen ließ.
Der Kometenexperte Andreas Kammerer ist mit den Schwierigkeiten solcher Prognosen vertraut und weiß aus langjähriger Erfahrung, dass sich Kometen – im positiven wie im negativen Sinne – unerwartet entwickeln können. Er befasst sich seit 1967 mit Astronomie und ist seit 1974 Mitglied der deutschlandweiten Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS). Hier leitete er von 1992 bis 2003 die VdS-Fachgruppe Kometen – einen Zusammenschluss aktiver Beobachter, die Kometen regelmäßig überwachen und die gewonnene Daten nach wissenschaftlichen Kriterien auswerten. Über die Ergebnisse der Beobachtungskampagnen berichtet Kammerer regelmäßig in "Sterne und Weltraum", der größten deutschsprachigen Astronomiezeitschrift, die nunmehr im 52. Jahrgang erscheint.
Einen ausführlichen Beitrag zum Thema bietet das September-Heft von "Sterne und Weltraum", das am 20. August 2013 erscheint: Andreas Kammerer: ISON – der nächste große Komet? In: Sterne und Weltraum 9/2013, S. 74 – 83