Dienstag, 3. September 2013

Mit Laptop und Lupe auf der Jagd nach Kirchenschätzen

Mit Hightech und Spürnase forschen Kunsthistoriker in ostbayerischen Bistümern auf verstaubten Dachböden und in finsteren Kellergewölben nach vergessenen Kirchenschätzen.

Regensburg (obx) - Es ist die wohl größte Inventur der Welt: Auf Anregung des Vatikans wird derzeit erstmals in der über 2000-jährigen Geschichte der Katholischen Kirche der Gesamtbestand an Kirchenschätzen und historisch wertvollem Inventar erfasst. In Bayerns größtem Bistum Regensburg ist der Kunsthistoriker Dr. Friedrich Fuchs schon seit über 20 Jahren mit Laptop und Lupe auf der Jagd nach verborgenen und vergessenen Kirchenschätzen. Zahlreiche kulturhistorische Schätze hat Fuchs bereits vor dem endgültigen Verfall gerettet - von historischen Leuchtern über liturgische Silberkelche bis zu einem spätgotischen Kirchen-Figürchen im Wert von rund 50.000 Euro.

Es ist eine Aufgabe für mehr als ein Berufsleben: Obwohl die gigantische Inventur der Katholischen Kirche bereits seit über zwei Jahrzehnten läuft, ist in vielen Bistümern erst ein Bruchteil der verborgenen Kunstschätze vieler Kirchengemeinden gesichtet worden. Die Erfassung der Daten durch die Kirchenschatz-Forscher erfolgt bundesweit mit modernster Informationstechnik - oft mit einer Inventursoftware, die von den Wissenschaftlern des Diözesanmuseums Regensburg entwickelt wurde.

In Regensburg ist man mit der Kirchenschatz-Inventur schon verhältnismäßig weit. Über 25.000 Datensätze von Kirchen-Gütern umfasst die Datenbank, die Dr. Friedrich Fuchs in den mehr als 20 Jahren seit Beginn des Projekts für das Bistum Regensburg aufgebaut hat. "Das ist aber immer noch erst ein gutes Drittel", schätzt der Kunsthistoriker. Bis alle Skulpturen, Möbel, Tafelbilder und Gerätschaften aus Gold und Silber aufgespürt und erfasst sind, werde es wohl noch ein weiteres Arbeitsleben dauern, vermutet Fuchs. Von Mai bis Dezember ist er in den Kirchen der Diözese unterwegs, von Januar bis April wird die Büroarbeit erledigt.

Und der Aufwand lohnt sich: Kunstschätze von unermesslichem Wert, die bisher im Verborgenen schlummerten, wurden schon entdeckt: zum Beispiel ein mittelalterliches Tafelgemälde oder einer der ältesten Altarkelche Deutschlands aus dem 15. Jahrhundert. Beides fand Friedrich Fuchs eingestaubt auf einem Dachboden.

Für die Pfarrer und Messner in den Landpfarreien bringt die Inventur so manche Überraschung. "Oft wissen die Leute gar nicht, welch großen Wert viele Dinge haben", sagt Dr. Fuchs. Wandtresore, von denen es heißt, es sei "eh nichts drin", entpuppen sich schon mal als kleine Schatzkammern. Schlüssel gibt es meist keine mehr. Wie Panzerknacker müssen die Helfer des Historikers dann mit Schweißbrennern anrücken.

Friedrich Fuchs berät die Pfarreien vor Ort, wie sie ihre wertvollen Kirchenschätze sichern und erhalten können. Nur in Ausnahmefällen werden wertvolle Objekte in den Depots des Diözesanmuseums Regensburg in "Sicherungsverwahrung" genommen. "Viele Fundstücke liefern auch wertvolle Hinweise auf Alter und Baugeschichte der Kirchen", sagt Fuchs. So deutet sein einzigartiger Fund eines Wandkamins in einem Kirchturm auf eine vielfältige Nutzung dieses Gebäudeteils hin.

Nach Abschluss der Inventur erhalten die Pfarreien in einem offiziellen Festakt eine Dokumentation mit allen Fakten über das Inventar der Kirche und seinen kulturhistorischen Wert. "Den Menschen muss bewusst werden, welch wertvolles Gut sich in ihrer Obhut befindet", sagt Dr. Fuchs. Teilweise seien bei Sanierungen und Entrümplungsaktionen unersetzbare Kunstschätze zerstört worden, einfach weil niemand ihren wahren Wert erkannte.