Mittwoch, 18. September 2013

Modell-Projekt in Ostbayern: Ein "zweites Leben" für Hirngeschädigte

Ein Regensburger Verein hilft in einer bundesweit beachteten Initiative Menschen mit Schlaganfall und Schädel-Hirn-Verletzungen bei der Rückkehr in den Alltag - Wohnprojekt für Betroffene in Planung

Regensburg (obx) - Rund 270.000 Deutsche werden jedes Jahr Opfer eines Schlaganfalls, und fast eine Million Bundesbürger leiden aktuell an den Folgen dieser Erkrankung - oft mit schweren Hirnschäden. Betroffen sind Menschen jeden Alters. Doch während die akute Behandlung der Kranken in den letzten Jahren immer besser geworden ist, fühlen sich Betroffene nach der Entlassung aus dem Krankenhaus häufig alleine gelassen. In Regensburg hilft der Verein "Zweites Leben" seit über zehn Jahren Menschen nach schweren Hirnschäden bei der Rückkehr in Alltag und Arbeitswelt - unter anderem mit einem aus fast drei Millionen Euro Spendengeld finanzierten Neurologischen Nachsorgezentrum. Mittlerweile ist die Initiative ein Vorbild für ganz Deutschland.


Menschen, die einen Schlaganfall oder einen Unfall mit schweren Schädelverletzungen überstanden haben, müssen bei ihrer Rückkehr in den Alltag oft einfachste Handgriffe des täglichen Lebens neu erlernen. Auch nach der Reha sind Betroffene häufig auf dauerhafte Unterstützung angewiesen. Der Regensburger Verein "Zweites Leben" möchte Menschen mit schweren Hirnverletzungen helfen, auch nach dem Krankenhaus ein gutes Leben zu führen. "Unsere Hilfe setzt dort ein, wo amtliche Hilfe aufhört", sagt Maria Dotzler, zweite Vorsitzende des Vereins.

Mit viel ehrenamtlichem Engagement und zahlreichen Spenden hat der Verein seit seiner Gründung im Jahr 2000 ein bundesweit Vorbildliches Hilfsnetzwerk für Hirngeschädigte in Ostbayern aufgebaut. Das bisher größte Projekt: Seit gut fünf Jahren bietet das mit rund drei Millionen Euro Spendengeld aufgebaute Nachsorgezentrum "Haus zweites Leben" auf etwa 900 Quadratmetern 40 Halbtagesplätze, auf denen im Wechsel bis zu 150 Personen pro Woche betreut und gefördert werden. Betreiber der Einrichtung sind die Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (Medbo).

Im "Haus zweites Leben" lernen Schlaganfall-Patienten und Hirngeschädigte wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren, lebenspraktische Fähigkeiten zurückzugewinnen und neu soziale Kompetenzen in der Gruppe aufzubauen. Ein Netz von über 60 ehrenamtlichen Helfern entlastet auch die Angehörigen. Außerdem betreibt der Verein "Zweites Leben" ein Klinik-Cafe, eine Beratungsstelle und bietet Betroffenen ein spezielles Mietauto, das auf den Transport von großen Rollstühlen ausgerichtet ist.
"Ein Vorteil unseres Konzepts ist die wohnortnahe Versorgung der Betroffenen", sagt Maria Dotzler. Das Nachsorgezentrum des Vereins ist an die Klinik für Neurologische Rehabilitation am Bezirksklinikum Regensburg angebunden. "Gerade der enge Verbund der beiden Einrichtungen schließt die bei der Nachsorge von Hirnverletzten meist vorhandene Lücke in der Versorgungskette zwischen Rehabilitation und Alltag", sagt Dotzler.

Mittlerweile hat die Initiative des Vereins "Zweites Leben" bundesweiten Vorbildcharakter. Regelmäßig kommen Delegationen aus anderen Bundesländern, um sich die Regensburger Praxis anzuschauen - wie erst jüngst eine Gruppe der Deutschen Schlaganfall-Hilfe.

Das neueste Projekt des Vereins "Zweites Leben": Die Schaffung von geeignetem Wohnraum für Schlaganfall-Patienten in Regensburg und Umgebung. Denn Betroffene haben oft mit motorischen Einschränkungen zu kämpfen und ganz besondere Ansprüche an eine neue Wohnung. Derzeit sucht der Verein eine geeignete Immobilie oder ein passendes Grundstück für ein Wohnprojekt für das "zweite Leben".