Freitag, 13. September 2013

Reste ehemaliger Dorfflächen am Kapellenberg gefunden: seltener Glücksfall archäologischer Erhaltung

Zu den aktuellen Ergebnissen der Grabung 2013 an der jungsteinzeitlichen Höhensiedlung Kapellenberg in Hofheim/Ts.

Hofheim/Taunus (rgzm) - Die diesjährige Grabung am Kapellenberg hat sich erstmals ausschließlich der Innenfläche gewidmet. Ziel war es, eine Vorstellung über die Funderhaltung und die Bodenverhältnisse auf dem Plateau zu gewinnen. Aufgrund von Oberflächenfunden werden hier die Reste einer Siedlung vermutet, deren genaue Ausdehnung aber auch zeitliche Dauer ganz und gar unklar ist. Die diesjährige Grabung zeigt, dass durchaus Konzentrationen von Scherben aber auch Holzkohle auf dem Plateau zu finden sind, die vermutlich von ehemaligen 6000 Jahre alten Dorfplätzen oder -straßen stammen und in den Boden eingetreten worden sind.

Nachdem in den vergangen Jahren der umlaufende Wall am Kapellenberg an verschiedenen Stellen untersucht worden ist, hat sich die diesjährige Grabung ausschließlich auf die Innenfläche konzentriert. Durch die langjährigen Begehungen war von der ausgesuchten Stelle besonders viel Siedlungsmaterial in Form von Keramikbruchstücken, verbrannten Lehmbrocken von Hauswänden und Steingeräten bekannt. Es stellte sich die Frage, ob das Material nur noch oberflächlich vorhanden war, oder ob noch Funde im Sediment verborgen lagen. Letzteres würde dafür sprechen, dass die Erosion das Plateau des Kapellenberges nicht ganz so angegriffen hatte, wie das von anderen Fundplätzen bekannt ist. Tatsächlich konnten in einem kleinen Schnitt Konzentrationen von Keramik, Lehm, Holzkohle und einigen Steingeräten aus der Zeit um 4000 v. Chr. kartiert werden. Diese weisen zwar nicht auf eine noch intakte ehemalige Oberfläche hin, wohl aber auf einen Tritthorizont unterhalb der damaligen offenen Flächen um die Häuser. Solche Tritthorizonte sind für die allermeisten steinzeitlichen Dörfer nicht erhalten.

"Die Konzentration von hunderten von Keramikscherben unterhalb einer ehemaligen Oberfläche sind für Siedlungen der Michelsberger Kultur sonst noch nirgendwo beobachtet worden, von manchen Kolleginnen und Kollegen wird gar die Existenz von Siedlungen innerhalb von Wall-Graben-Anlagen ganz angezweifelt. Die diesjährigen Erkenntnisse werden die Diskussionen neu beleben - wiederum erweist sich der Kapellenberg als Glücksfall für die archäologische Forschung", erläuterte Prof. Dr. Detlef Gronenborn, Projektleiter am Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM).

"Dass die Geschichte vom Kapellenberg seit den ersten Lesefunden in den 70iger Jahren dann zu derart neuen Erkenntnissen und einer Neubewertung führt, lässt die Geschichte auch von Hofheim in einem anderen Licht erscheinen", bewertete Bürgermeisterin Gisela Stang die weiteren Untersuchungen.

"Die hessenARCHÄOLOGIE wird das Projekt am Kapellenberg weiter fördern, umso mehr als dass es in das Forschungskonzept zu historisch gewachsenen Kulturlandschaften in Hessen passt. Die gute Zusammenarbeit mit dem RGZM wie auch mit der Stadt Hofheim sind beispielhaft", sagt der stellvertretende Landesarchäologe Dr. Udo Recker.

Die in dieser Woche endende Grabung wurde ausgerichtet vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Kooperation mit der hessenARCHÄOLOGIE und unterstützt von der Stadt Hofheim. Das Team wurde in diesem Jahr durch die Bodenkundler Prof. Dr. Heinrich Thiemeyer von der Universität Frankfurt und Prof. Dr. Sabine Fiedler von der Universität Mainz erweitert. Prof. Dr. Andreas Junge von der Universität Frankfurt übernahm die geophysikalischen Prospektionen. Die Untersuchungen werden begleitet von einer Ausstellung im Stadtmuseum Hofheim sowie Führungen über den Kapellenberg, von denen eine noch am 28. September um 15:00 Uhr stattfinden wird.