Aus: Spektrum neo, Nr. 7
Heidelberg. Gestern, heute, morgen – die Zeit bewegt sich immer in Richtung Zukunft, obwohl die meisten Formeln der Physiker einen Rückwärtsgang durchaus erlauben würden. Was der Zeit ihre Richtung gibt, ist die "Entropie", eine kosmischer Drang zum Chaos.
Diese Frage beschäftigt auch die Kosmologen, wie Spektrum-neo in seiner neuesten Ausgabe berichtet. Ihr Ei ist das Ur-Universum, wie es vor 14 Milliarden Jahren ihrer Meinung nach ausgesehen hat: Ein Gebilde von etwa einem Zentimeter Durchmesser, so heiß, dass es noch nicht einmal Atome gab. Eine hochexplosive Mischung, aus der dann mit einem Knall das kosmische Spiegelei entstand: ein riesiges Gebilde aus Galaxien, Staub, Sonnen, Planeten und Schwarzen Löchern. Nach aktuellen Berechnungen ist sein Durchmesser fast 400 Milliarden Billionen Kilometer groß – eine unvorstellbar lange Strecke. Und das Universum wächst immer noch weiter.
Ob in einer irdischen Küche oder im kosmischen Maßstab XXXXXL: Bis jetzt hat noch niemand beobachtet, dass ein Spiegelei wieder zum Ei wird. So selbstverständlich uns das erscheint, weil wir es aus dem Alltag gar nicht anders kennen – für Physiker ist es alles andere als normal. Denn in den Formeln, mit denen sie beschreiben, wie die Welt funktioniert, kann Zeit in beiden Richtungen laufen. Mit einer Ausnahme.
Forscher nennen dieses Phänomen Entropie, eine Art natürlicher Drang zum Chaos. Das Ei ist ein Beispiel dafür, wie das funktioniert: Mit einer Schale und einem vom Eiklar getrennten Dotter ist es ein ziemlich geordnetes System. Nach dem Zerbrechen aber fließt alles wild durcheinander, und hilft man noch mit Hitze nach, dann gerinnen obendrein die Eiweißmoleküle, und es entsteht schließlich die beliebte Mahlzeit. Ein Physiker würde sagen, die Entropie des Systems hat zugenommen. Und das passiert auch im riesigen Universum eben immer nur in einer Richtung – und die nennen wir "Zukunft".