Der Soziologe und Publizist Carl-Heinz Boettcher hat jetzt den erwarteten dritten Band seiner Trilogie über den welthistorischen Sonderweg des Westens vorgelegt: "Machtkampf und Glaubenskrieg - Europa in der Frühen Neuzeit". Dem Buch vorangegangen waren Werke über den Ursprung Europas in der späten Jungsteinzeit sowie über den Weg vom Weltstaat der Römer bis zur Herausbildung unabhängiger Einzelstaaten am Ende des Mittelalters. Der neue Band behandelt die Epoche, die diesem unmittelbar folgte und vor 300 Jahren ihren Abschluss fand. In ihr wurden Weichen für Veränderungen gestellt, die noch heute unser Dasein bestimmen.
Das dem Ideal nach römisch-christliche
Universalreich der Kaiser und Päpste war zerfallen, der Blick auf die moderne
Welt frei. Eine Politik der Vernunft und des Naturrechts wurde ausgerufen. In
der Realität jedoch bestimmten Machtkampf und Glaubenskrieg das Bild. Die alten
Herrschergeschlechter waren nicht bereit abzutreten. Mit ihnen wetteiferten die
Würdenträger der Kirche darum, die überlieferte Gewalt über Körper und Seelen
zu bewahren. Insbesondere Frankreich sah sich von beiden Seiten, von Spanien
wie von Deutschland her bedrängt und eingekreist. In Madrid wie in Brüssel und
Wien saß die Dynastie der Habsburger, die nicht davon ablassen wollte, eine von
ihr beherrschte neue katholische Universalmonarchie zu errichten, wobei das von
Paris aus regierte Königreich ein Hemmschuh war. Dies reagierte im Gegenzug bis
in das vorige Jahrhundert hinein mit dem permanenten Bestreben, den östlichen
Nachbarn politisch wie militärisch zu schwächen und zu zersplittern. Neben
allem dem aber zeichneten sich im ganzen Abendland nicht ohne Erfolg Tendenzen
ab, den allgemeinen Frieden zu sichern und dem Individuum religiöse wie
persönliche Unabhängigkeit zu erringen.
Der Zusammenprall der Kräfte gipfelte
schließlich in einem Konflikt ungeheuren Ausmaßes, dem Dreißigjährigen Krieg.
Vorwiegend auf deutschem Boden ausgetragen, besaß er dennoch
gesamt-europäischen Charakter. Er endete 1648 mit den zäh ausgehandelten
Westfälischen Verträgen, die das Prinzip der Nichteinmischung in innere
Angelegenheiten völkerrechtlich festlegten und die Trennung von Staat und Religion vorantrieben. Ergänzt wurde
diese Entwicklung durch die parallel erfolgten englischen Revolutionen, die
eine auf Dauer angelegte Politik des internationalen Gleichgewichts ins Leben
riefen, die Volkssouveränität proklamierten und das funktionsfähige
parlamentarische System schufen, das im Lauf der Zeit für ganz Europa
beispielhaft wurde.
Der Autor hofft, Erfahrungswerte für
politisches Handeln in der Gegenwart vermitteln zu können. Er widmet den Band
seinen Enkeln und ihrer Generation.