Donnerstag, 11. September 2014

Wie man archäologische Funde wieder zum Leben erweckt

Eine ostbayerische Firma lässt archäologische Funde wieder lebendig werden - in Farbe und 3D. Neben den weltberühmten chinesischen Terrakotta-Kriegern hat das Unternehmen schon den römischen Kaiser Konstatin dreidimensional vermessen - ein erster Schritt, um im visuell "Leben einzuhauchen".
Altenthann (obx) - Ob eine Monumentalstatue des römischen Kaisers Konstantin oder tausende Jahre alte Grabanlagen - archäologische Funde haben einen großen Nachteil: Der Zahn der Zeit nagt über die Jahrhunderte hinweg an ihrer Substanz. Oft bedarf es großer Phantasie, um in den ausgegrabenen Bruchstücken Jahrtausende alter steinerner Zeitzeugen das pulsierende Leben in versunkenen Weltreichen und verblassten Glanz alter Pracht zu erahnen. Ostbayerische Ingenieure helfen der Phantasie jetzt auf die Sprünge. Die IT-Experten aus Altenthann bei Regensburg lassen Gräber Grenzanlagen, Burgen und sogar Skelette mit Hilfe von raffinierter Software in ihrer ursprünglichen Form wieder aufleben. Mit innovativer Technik wird alten Fundstücken wieder Leben eingehaucht. Gefragt ist ihre Arbeit nicht nur bei Museen und im Denkmalschutz, sondern auch in der Industrie.



Ein 3D-Modell einer über drei Meter hohen Marmorbüste des römischen Kaisers Konstantin. Das Originalteil der Kaiserstatue steht in den Kapitolinischen Museen in Rom. Foto: obx-news/ArcTron 3D GmbH


Wie mag sich der römische Legionär wohl gefühlt haben, der vor fast 2000 Jahren an der weltbekannten Grenzanlage Limes patrouillierte? Dank der lebensechten 3D-Animation des ostbayerischen Unternehmens ArcTron fällt es dem Betrachter leicht, sich in den römischen Soldaten hineinzuversetzen.

Der Betrieb von Firmengründer Martin Schaich hat sich neben Ausgrabungen auf die 3D-Vermessung und Animation von archäologischen Objekten spezialisiert. Die Firma entwickelt und forscht seit über 20 Jahren - vor allem in ihrem Spezialgebiet, der mehrdimensionalen computergestützten Dokumentation in der Archäologie und Denkmalpflege.

Mit Laserscannern und Fotokameras werden je nach Auftrag Landschaften, Gebäude und selbst Knochenteile akribisch erfasst. Was mit dieser Technik möglich ist, hat das Ingenieurteam im Auftrag von drei Landesdenkmalämtern über zwei Jahre hinweg bei der Rekonstruktion eines 230 Kilometer langen Abschnitts des Limes bewiesen. Dazu wurde die Landschaft aus der Luft von Helikoptern und einem eigens entwickelten Gleitflieger aus gescannt. Aus der gigantischen Datenmenge entwickelten die Spezialisten dann am Computer eine realistische 3D-Animation der antiken Grenzanlage. Bei der Vermessung der Landschaft wurden auch bisher unbekannte Kastelle und Wachtürme entdeckt.

Die Modelle der ostbayerischen Zeitreisenden sind nicht nur virtuell, es gibt sie auch zum Anfassen. Mit einem 3D-Drucker werden beispielsweise Burgen und Schlösser nach der Vermessung detailgenau als originalfarbiges Gipsmodell rekonstruiert. Alternativ können mit den Daten eine High-Tech-CNC-Fräse gespeist werden, wie sie etwa in der Werkzeugindustrie eingesetzt werden. So entstand beispielsweise aus einem Marmorblock eine perfekte Kopie einer über drei Meter großen Büste des römischen Kaisers Konstantin des Großen für eine Ausstellung in Trier.

Firmenchef Martin Schaich hat sich schon früh während seines Archäologie-Studiums in München und Regensburg für die elektronische Messtechnik interessiert. 1993 war Schaichs Unternehmen eines der ersten, das den Nutzen der digitalen Technik für die Archäologie erkannte. Laut Schaich entdecke die Industrie zunehmend die Vorteile der 3D-Modelle. So hat sein Betrieb für ein großes Energieunternehmen den Prototyp eines kompletten Braunkohlekraftwerks digital animieren lassen.

Derzeit arbeitet die Firma an Felsmotiven im norditalienischen Valcamonica-Tal, die seit 1979 zum UNESCO-Welterbe zählen.

Ein Tipp von Martin Schaich: Wer sich für die 3D-Archäologie interessiert, kann vom 06. bis 08. November auf der "denkmal"-Messe in Leipzig viele internationale Archäologie-Projekte des ostbayerischen 3D-Technologiespezialisten hautnah erleben. Experten zeigen dabei auch den Laien wie man mit einer gewöhnlichen Digitalkamera selbst 3D-Modelle herstellen kann.

Weitere Informationen finden Sie unter www.arctron.de/de