München (internet-zeitung) – Ein armer und kranker
österreichischer Musiker sowie Fossiliensammler hat von 1897 bis 1914 deutsche
und amerikanische Wissenschaftler mit Funden einzigartiger Urzeit-Tiere aus
Ägypten versorgt. Er barg in mühsamer Arbeit unter großer Hitze fossile Reste
von Urwalen, Affen, Menschenaffen, Seekühen, Fischen, Schildkröten, Krokodilen,
Schlangen und Dinosauriern.
Bei dem Mann, von dem hier die Rede ist, handelt es sich um
Richard Markgraf (1869-1916). Er war in Preßnitz im nordböhmischen Erzgebirge
zur Welt gekommen, das bis 1918 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie
gehörte. Er schloss sich um 1885 mit etwa 15 Jahren einer reisenden
Musikergruppe an und befand sich um 1897 krank und völlig verarmt in Ägypten.
Offenbar litt er an einer Infektion der Atemwege, vielleicht an Tuberkulose.
Zufällig begegnete Markgraf 1897 in Kairo dem deutschen
Geologen und Paläontologen Eberhard Fraas (1862-1915), der ihn für seine
Expedition in die Mokattam-Berge engagierte. Dabei lernte Markgraf
Grundlegendes für die Bergung von Fossilien. In der Folgezeit arbeitete
Markgraf als Fossiliensammler für Fraas und dessen Naturalienkabinett
Stuttgart.
Später beteiligte sich Markgraf auch an den
Ägypten-Expeditionen des Münchener Paläontologen Ernst Stromer von Reichenbach
(1871-1952) in den Wintern 1903/1904 und 1910/1911. Dank der Vermittlung von
Stromer arbeitete Markgraf auch für das Frankfurter Senckenberg-Museum. 1907
begegnete Markgraf einer amerikanischen Expedition unter Leitung des
Paläontologen Henry Fairfield Osborn (1857-1935) und sammelte fortan auch für
das American Museum of Natural History in New York.
Markgraf wurde ein Freund und wichtiger Helfer von Ernst
Stromer, der im Januar 1911 in der Bahariyya-Oase in der Sahara die ersten
Dinosaurier Ägyptens entdeckte. Bis 1914 grub Markgraf in der Bahariyya-Oase,
barg dort zahlreiche Dinosaurier-Reste und schickte diese zu Stromer nach
München. 1912 fand er das Teilskelett des Raub-Dinosauriers Spinosaurus. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) legte seine
Grabungstätigkeit lahm.
Stromer beschrieb von 1915 bis 1934 insgesamt vier bisher
unbekannte Dinosaurier aus Ägypten: 1915 Spinosaurus (Dornen-Echse), 1931
Carcharodontosaurus (Haizahn-Echse), 1932 Aegyptosaurus (Echse aus Ägypten) und
1934 Bahariasaurus (Echse aus Bahariyya). Spinosaurus gilt heute mit einer Länge bis zu 18 Metern,
einem Gewicht von schätzungsweise 9 Tonnen, einem 1,75 Meter langen Schädel und
einem 1,70 Meter hohen Rückensegel als der größte Raub-Dinosaurier der Welt.
Neuerdings betrachtet man ihn als Fischjäger.
In dem Taschenbuch „Der rätselhafte Spinosaurus“
(GRIN-Verlag, München) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst werden
Leben und Werk des Forschers Ernst Stromer von Reichenbach geschildert sowie
die Leistungen des Fossiliensammlers Richard Markgraf gewürdigt. Markgraf starb
1916 während des Ersten Weltkrieges im Alter von nur 47 Jahren. Ernst Stromer
schrieb über ihn einen Nachruf, in dem er die Bedeutung von Markgraf für die
Erforschung der Wirbeltierpaläontologie Ägyptens hervorhob.
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