Mittwoch, 2. März 2016

Vom Staub zu den ersten Planeten

Zur Entstehung unseres Sonnensystems: Planetologen der Universität Münster finden neues Puzzleteil

Münster (universität-münster) - Die Planeten unseres Sonnensystems sind wahrscheinlich aus Zusammenstößen vieler kilometergroßer Körper entstanden, Planetesimale genannt. Wie dieser Prozess ablief, gibt Wissenschaftlern Rätsel auf. Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben dazu nun neue Erkenntnisse. Sie untersuchten Fragmente des Allende-Meteoriten, der 1969 über Mexiko niederging, nachdem er beim Eintritt in die Erdatmosphäre in zahlreiche Bruchstücke zerborsten war. Die Untersuchung solcher Meteorite beziehungsweise ihrer Bestandteile kann helfen, die Entstehung von Planeten besser zu verstehen.

Die Wissenschaftler analysierten unter anderem sogenannte Chondren. Diese millimetergroßen Kügelchen sind der Hauptbestandteil primitiver Meteorite (Chondrite), die seit ihrer Entstehung zu Beginn des Sonnensystems vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren bis heute unverändert geblieben sind. "Chondren spielten möglicherweise eine entscheidende Rolle zu Beginn der Planetenbildung und sind daher besonders interessant", erläutert Gerrit Budde, Doktorand am Institut für Planetologie der WWU und Erstautor der Studie. Die neue Arbeit stütze diese Annahme und deute darauf hin, dass die Entstehung der Chondren aus Staub ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entstehung der Planetesimale und damit auch der heutigen Planeten war.

Die Ergebnisse im Einzelnen: Die münsterschen Planetologen zeigten, dass sich die Chondren gleichzeitig mit jenem feinkörnigen Material bildeten, das sie innerhalb der Meteorite umgibt, der sogenannten Matrix. Dabei spielten lokale Schmelzprozesse in der Wolke aus Staub und Gas eine Rolle, aus der die Planeten unseres Sonnensystems entstanden. Chondren und Matrix fanden sich den neuen Ergebnissen zufolge zunächst zu kleineren Staub-Aggregaten zusammen, die dann in einer Art Schneeballeffekt zu größeren Objekten weiterwuchsen, den Planetesimalen. Die Wissenschaftler wiesen nach, dass dieser Prozess sehr schnell abgelaufen sein muss.  "Unsere Ergebnisse zeigen, dass es ohne die Chondren-Bildung vielleicht gar keine Planeten geben würde", fasst Gerrit Budde zusammen.

Zu diesen Erkenntnissen gelangten die Wissenschaftler durch eine Analyse der Zusammensetzung von Wolfram-Isotopen. Das sind verschiedene Wolfram-Atome, deren Kerne etwas unterschiedlich aufgebaut sind. Die Forscher zeigten, dass das Verhältnis der Isotope zueinander in Chondren und Matrix unterschiedlich ist. "Die Unterschiede in der Zusammensetzung der Wolfram-Isotope gehen darauf zurück, dass sich Sternenstaub, der noch vor Beginn unseres Sonnensystems in der Atmosphäre von Sternen entstand, ungleich auf die Chondren und auf die Matrix verteilte", erläutert Planetologe Prof. Dr. Thorsten Kleine. Chondren und Matrix zusammengenommen haben jedoch immer die gleiche Wolfram-Isotopenzusammensetzung – und diese entspricht der Zusammensetzung des Sonnensystems und der Planeten. Daher müssen Chondren und Matrix gemeinsam aus einer 'Portion' Staub entstanden sein.

Originalpublikation:
Gerrit Budde, Thorsten Kleine, Thomas S. Kruijer, Christoph Burkhardt, Knut Metzler (2016): Tungsten isotopic constraints on the age and origin of chondrules. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America; Early Edition; DOI:  doi:10.1073/pnas.1524980113