Dienstag, 15. November 2016

Apotheker sichern die Versorgung von Schwerstkranken

Frankfurt am Main (landesapothekerkammer-hessen) – Die palliativmedizinische Betreuung und die schmerzlindernde, symptomkontrollierende Therapie ermöglichen Schwerstkranken und Sterbenden einen würdevollen letzten Lebensabschnitt. Die Apotheke vor Ort leistet als Teil eines interdisziplinären Palliativteams einen wichtigen Part in der zeitnahen Versorgung des Patienten mit Arzneimitteln, insbesondere Schmerz- und Betäubungsmitteln, sowie Individualrezepturen. Diese zuverlässige Versorgung des Palliativpatienten im ambulanten, häuslichen und damit vertrauten Umfeld einschließlich der Beratung des Patienten und der Angehörigen kann nur durch die Apotheke vor Ort sichergestellt werden, wie die Landesapothekerkammer Hessen betont. Doch die niedergelassenen Apotheken geraten durch das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 unter Druck. Das kann direkte Auswirkungen auf die palliativmedizinische Versorgung in Deutschland haben.

Preiskampf durch EuGH-Urteil setzt Apotheke vor Ort unter Druck
Dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes zufolge können Versandapotheken aus dem EU-Ausland einen Rabatt auf verschreibungspflichtige Arzneien gewähren. Den in Deutschland ansässigen Apotheken ist es durch die Arzneimittelpreisverordnung nicht erlaubt, Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einzuräumen. Das hat auch einen guten Grund: Im deutschen Gesundheitswesen gilt „gleicher Preis für gleiche Leistung“. Der Patient kann immer sichergehen, dass er weder im stationären noch im ambulanten Bereich übervorteilt wird. Während die ausländischen EU-Versandhändler ihre Leistungen auf die reine Arzneimitteldistribution in einem besonders interessanten Segment beschränken, finanzieren die niedergelassenen Apotheken mit den einheitlichen Preisen wichtige, aber nicht kostendeckende pharmazeutische Dienstleistungen wie Nacht- und Notdienste sowie die Rezepturherstellung. Durch den erhöhten Preiskampf gerät die Apotheke vor Ort unter Druck, die wohnortnahe Versorgung und die damit verbundene notwendige Aufrechterhaltung pharmazeutischer Dienstleistungen werden geschwächt.
Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin fordert Schutz der Apotheke vor Ort
„Palliativpatienten sind auf die pharmazeutische Betreuung vor Ort angewiesen“, erklärt Claudia Wegener, Sprecherin der Sektion Pharmazie der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und Delegierte der Landesapothekerkammer Hessen. „Eine nahtlose Therapiefortsetzung ist für diese Patienten ebenso entscheidend wie die kompetente pharmazeutische Betreuung. Wir fordern daher, die hochwertige Versorgung durch wohnortnahe Apotheken in Deutschland zu sichern.“
Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, ergänzt: „Außerdem dürfen die für Palliativpatienten notwendigen Schmerzmittel gemäß Betäubungsmittelgesetz nicht verschickt werden, sie werden nur von der niedergelassenen Apotheke abgegeben. Muss die Apotheke vor Ort jedoch aufgeben, entsteht eine gefährliche Versorgungslücke.“
Expertise für die palliativpharmazeutische Betreuung unerlässlich
Diese Versorgungslücke hätte große Auswirkungen auf die Palliativpatienten. In enger interdisziplinärer Absprache sorgen die Palliativpharmazeuten für eine an den Zustand des Patienten angepasste Arzneimitteltherapie. Sie sind außerdem Ansprechpartner für die Arzneimittelinformationen, die richtige Anwendung und Handhabung der Arzneimittel sowie die Bewertung von klinisch relevanten Wechselwirkungen. Die pharmazeutische Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden setzt zudem spezielles Fachwissen voraus: Apotheker werden in einer intensiven Zertifikatsfortbildung zum Palliativpharmazeuten fortgebildet und sind durch ihre hohe Expertise ein wichtiger Partner des heilberuflichen Netzwerkes.
Der Landesapothekerkammer Hessen gehören rund 5.950 Apothekerinnen und Apotheker an. Der Heilberuf des Apothekers unterliegt einem gesetzlichen Auftrag. Zu den Aufgaben der Landesapothekerkammer gehören die Förderung der Fort- und Weiterbildung und die Überwachung der Einhaltung der Berufspflichten durch ihre Mitglieder. Die Landesapothekerkammer stellt ebenso eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in ganz Hessen mit Medikamenten sicher.