Ästhetische Aufnahmen, die den Zauber des nächtlichen Sternenhimmels und irdischer Landschaften einfangen – das ist die Spezialität eines internationalen Teams von Natur- und Astrofotografen.
Aus: Sterne und Weltraum, September 2010
Babak Tafreshi ist ein Freidenker. Seiner Tätigkeit als Naturfotograf geht er oft im Dunkeln nach. Als Lichtquelle dient ihm der gestirnte Himmel. Beleuchtet allein vom schimmernden Glanz der Milchstraße und der hellen Sterne entfalten die Landschaften, die er auf den Chip seiner digitalen Kamera bannt, einen mystischen Zauber. Während sich der Himmel über ihm weiterdreht, reichen Tafreshis Gedanken weiter: Leuchten dieselben Sterne nicht über allen Ländern, allen Völkern, allen Kulturen? Ist nicht die gesamte Menschheit unter einem Himmel vereint? Solche tiefgründigen Fragen bewegen den jungen Mann weit stärker als die meisten seiner Altersgenossen. Tafreshi lebt im Iran.
Gemeinsam mit seinem Landsmann Oshin Zakarian fotografiert Tafreshi eindrucksvolle Landschaften und Kulturdenkmäler Persiens vor dem Hintergrund des immerwährenden Nachthimmels. Die Aufnahme einer Moschee, einer Kirche oder eines Feuertempels repräsentiert eine Religion, eine Kultur oder ein untergegangenes Königreich. Das sich darüber spannende Himmelszelt bildet das verbindende Glied. »Wie bei einer Familie, die gemeinsam unter dem Dach eines Hauses lebt«, sagt Tafreshi.
Himmlische Begleitung
Aus diesem Motiv des gemeinsamen Dachs begann während einer USA-Reise eine größere Projektidee heranzureifen. Tafreshis ehrgeizige Vision: die weltbesten Astrofotografen, die nach einem ganz bestimmten Stil fotografieren, in einem Projekt namens »The World At Night« (TWAN) zu vereinen.
Mittlerweile haben sich dreißig Fotografen aus allen Teilen der Welt in diesem Team zusammengeschlossen. Sie verfolgen ein gemeinsames Ziel: eine Sammlung von atemberaubenden Fotografien und Zeitrafferaufnahmen der weltweit schönsten Landschaften und Kulturdenkmäler vor dem nächtlichen Hintergrund aus Sternen, Planeten und Himmelsereignissen zu erstellen. Mit ihren Bildern zeigen sie nicht nur den fachlich interessierten Betrachtern, sondern auch dem unbefangenen Publikum den Nachthimmel in einer faszinierenden und zugleich leicht verständlichen Weise. Hinter der Schönheit und dem universellen Geist der TWAN-Fotografien verbirgt sich auch Tiefgründiges. Die natürliche Attraktivität der Bilder trägt dazu bei, die Astronomie zu popularisieren, indem die Menschen den Himmel so sehen, wie sie ihn an einem dunklen Ort mit nichts anderem als den bloßen Augen wahrnehmen würden. Und die Notwendigkeit, solch dunkle Himmel zu bewahren, wird unmittelbar verstanden.
Zu den bevorzugten Motiven gehören Kulturdenkmäler, insbesondere solche, die von der UNESCO zu Welterbestätten ernannt wurden. Diese historischen Motive sind zwar in der Gegenwart fotografiert, bilden jedoch mit dem darüberliegenden Himmel eine zeitlose Verbindung. Wenn heute der Mond seine Bahn hoch oben über Persepolis zieht, unterscheidet sich diese kaum von derjenigen von 330 v. Chr., als Alexander der Große die Hauptstadt des antiken Perserreichs brandschatzen ließ. Das ist nur eines der eindrucksvollen Bilder, die der Fotograf Gernot Meiser in seinem Bericht über TWAN in der September-Ausgabe der Zeitschrift Sterne und Weltraum vorstellt.
Für ihre Leistungen haben die TWAN-Fotografen bereits zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. So wurde zum Beispiel Tafreshi zusammen mit der Planetenwissenschaftlerin Carolyn Porco vom Space Science Institute in Boulder, Colorado, im November 2009 mit dem Lennart-Nilsson-Preis geehrt. Diese Auszeichnung wird an Menschen verliehen, die durch neue Techniken und Ideen die Wissenschaftsfotografie erweitern. "Beide weisen aus ihrer jeweils eigenen Perspektive auf die Platzierung der Menschheit im Universum hin", lautete es bei der Preisvergabe in Stockholm. Weblinks zum Thema unter: http://www.astronomie-heute.de/artikel/1041503