Ein neuartiges Elektronenmikroskop filmt erstmals Schwingungen von Atomen und Vorgänge innerhalb einer Zelle
Aus: Spektrum der Wissenschaft, Januar 2011
Elektronenmikroskope erlauben faszinierende Einblicke in den Nanokosmos. Selbst Atome machen sie sichtbar. Allerdings ließen sich damit bisher nur statische Objekte abbilden. Im Januar-Heft von »Spektrum der Wissenschaft« beschreibt Ahmed H. Zewail vom California Institute of Technology (in Pasadena, USA) einen weiteren Riesenfortschritt. Das Team des Chemie-Nobelpreisträgers von 1999 entwickelte die "ultraschnelle Elektronenmikroskopie" (UEM) mit der Zeit als vierter Dimension. Dadurch lassen sich Vorgänge in der Nanowelt nun auch filmen.
Für ihre neue Methode benutzen die Forscher eine Art extreme Zeitlupe. Mit ultrakurzen Elektronenpulsen erzeugen sie Schnappschüsse der Probe in Abständen von wenigen Femtosekunden (billiardstel Sekunden), die sie dann zu einem Videoclip aneinanderreihen. Anders als Lichtteilchen stoßen sich die negativ geladenen Elektronen allerdings ab. Dadurch verbreitert sich der Puls, und die Abbildung verschmiert. Um dies zu umgehen, sandten die Wissenschaftler bei ihren Versuchen nur noch ein einziges Elektron auf einmal aus. Es zu registrieren, erforderte allerdings eine stark verfeinerte Aufnahmetechnik. Da außerdem jedes Elektron nur einen einzigen Bildpunkt erzeugt, musste das Team den Versuch vieltausendfach mit sorgfältigem Timing und exakter Anordnung wiederholen, um die Probe pixelweise abzubilden.
Mit diesem Verfahren konnte Zewails Team erstmals filmen, wie die Kohlenstoffatome in Graphit nach der Anregung durch einen Laserpuls schwingen. Zukünftig wollen die Forscher die Faltung von Proteinen unter wechselnden Umgebungsbedingungen in bewegten Bildern festhalten. Dies könnte verstehen helfen, warum sich Eiweißmoleküle im Zellinneren manchmal falsch zusammenlegen und dadurch Krankheiten wie die Alzheimer-Demenz auslösen – ein bedeutender Fortschritt für Medizin und Biologie.