München / Wiesbaden (internet-zeitung) – Auf
ungewöhnliche Weise sind zwei Riesen-Eier des bis zu 3 Meter großen
Elefantenvogels Aepyornis maximus von der Insel Madagaskar vor Ostafrika über
Tausende von Kilometern hinweg nach Australien gelangt. Nach Ansicht von
Experten dürften jene Riesen-Eier auf Madagaskar nahe der Meeresküste in den
Indischen Ozean geraten und vom Wasser weit transportiert worden sein.
Nachzulesen ist dies in dem Taschenbuch „Vogelriesen in der Urzeit“
(GRIN-Verlag, München) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst.
In den 1930-er
Jahren entdeckte der zehnjährige Victor („Vic“) Roberts in einer Sanddüne
südlich des Scott River bei Augusta in Western Australia ein riesiges Vogel-Ei.
Der Fundort liegt etwa 200 Kilometer südlich von Perth und ist rund 100 Meter
von der Meeresküste entfernt. Als „Vic“ bemerkte, wie schwer dieses Ei war,
machte er ein Loch in der Schale und entleerte den Inhalt, der ihm wie Sand
erschien. Der Fossiliensammler Harry Butler erblickte 1962 in einem Farmhaus in
Nannup diesen ungewöhnlichen Fund und informierte darüber das „Western
Australian Museum“ in Perth. Großzügigerweise überließ der Entdecker „Vic“ Roberts das seltene Fossil
dem Museum als Leihgabe. Das so genannte „Scott River-Ei“ ist 27,6 Zentimeter
lang, maximal 20,7 Zentimeter hoch und hat eine bis zu 4 Millimeter dicke
Schale.
1968 erzählte der
46-jährige „Vic“, der inzwischen ein angesehener Viehzüchter und Lokalpolitiker
war, einer Zeitung in Western Australia, nur „einen Katzensprung“ von dem
Vogel-Ei entfernt, habe er damals zumindest einen Teil eines Skeletts mit
seinem sehr großen Schädel und Schnabel gesehen. Weil sich die Sanddünen durch
Wind ständig verschoben und verändert hätten, habe er die Skelettreste später
nicht mehr finden können.
Drei australische
Schüler stießen Weihnachten 1992 in einer Sanddüne, etwa 7 Kilometer nördlich
von Cervantes in Western Australia sowie rund 300 Meter von der Meeresküste
entfernt, auf ein noch größeres Vogel-Ei. Jenes Ei ist 31,7 Zentimeter
lang und hat eine bis zu 3,45 Millimeter dicke Schale.
Ein Artikel in der
Zeitung „The Sunday Times“ vom 21. März 1993 über diesen Fund erregte großes
Aufsehen. Es folgten Versuche der Entdecker, das Riesen-Ei zu verkaufen, und
Diskussionen über die Eigentümerrechte, weil das Fossil auf Regierungsland
geborgen worden war. Schließlich zahlte die Regierung von „Western Australia“
freiwillig 25.000 Dollar an die Familien der Entdecker und das Riesen-Ei kam in
das „Western Australian Museum“ in Perth, wo es unter der Fundnummer
„WAM93.9.1“ aufbewahrt wird.
John A. Long berichtete 1993 in der
wissenschaftlichen Publikaton „Australian Natural History“ über das
„Cervantes-Ei“.
1998 befassten sich John A. Long, Patricia
Vickers-Rich, Karl F. Hirsch, Emily Bray und Claudio Tuniz mit den 1930 und
1992 in Western Australia entdeckten Riesen-Eiern. Größe und Struktur dieser
Riesen-Eier deuten nach ihrer Ansicht darauf hin, dass es sich um fossile Eier
des Elefantenvogels Aepyornis maximus auf der Insel Madagaskar im Indischen
Ozean vor Ostafrika handelt. Datierungen mit der Radiokarbon-Methode ergaben
ein Alter von etwa 2.000 Jahren für das „Cervantes-Ei“. Die Forscher Long,
Vickers-Rich, Hirsch, Bray und Tuniz vermuteten, das „Scott River-Ei“ und das
„Cervantes-Ei“ seien auf dem Indischen Ozean von Madagaskar nach Australien
geschwemmt und nicht durch Menschen dorthin gebracht worden.
Auch Eier heute lebender Vögel werden
zuweilen von weit her auf dem Ozean nach Western Australia transportiert. Auf
diese Weise sind im Januar 1974 und im März 1991 Eier des auf subarktischen
Inseln brütenden Königs-Pinguins (Aptenodytes patagonicus) aus riesiger
Entfernung nach Western Australia gedriftet. Ein Ei von einem Afrikanischen
Strauß (Struthio camelus) wurde in den frühen 1990-er Jahren beim Fischfang in
der Timor-See nordwestlich der Küste von Western Australian im Netz geborgen.
Dem Buch von Ernst Probst zufolge beträgt der
Umfang vollständiger Elefantenvogel-Eier bis zu einem Meter, eine Länge bis zu
35 Zentimetern, eine Höhe von maximal 25 Zentimetern. Die Schalendicke reicht
bis zu vier Millimetern. In einer 2003 erschienenen Publikation wurde die Größe
von 43 Elefantenvogel-Eiern aus Madagaskar beschrieben. Das größte dieser Eier
hat ein Volumen von 10,7 Litern, was einem Gewicht von etwa 12,5 Kilogramm und
rund 210 Hühnereiern mit einem Durchschnittsgewicht von 60 Gramm entspricht.
Die ausgestorbenen Riesen-Moa Dinornis
novazealandiae und Dinornis robustus von Neuseeland, die mit einer maximalen
Höhe von 3,60 Metern als größte Vogel aller Zeiten gelten, legten „nur“ Eier
mit einem Volumen von vier Litern. Die größten heutigen Straußen-Eier bringen
es auf ein Volumen von zwei Litern.
Sollten Ureinwohner auf Madagaskar jemals das Ei
eines lebenden Elefantenvogels gefunden haben, wäre ihnen ein Festmahl möglich
gewesen.