Beim erneuten Einüben einer lange Zeit ungenutzten Fertigkeit haben wir einen klaren Vorteil: Wir lernen schneller als beim ersten Mal. Das hat schon vor über 100 Jahren der deutsche Gedächtnisforscher Hermann Ebbinghaus festgestellt. Doch erst die moderne Hirnforschung entschlüsselte jetzt die zu Grunde liegenden biologischen Strukturen.
Aus: Gehirn&Geist, 1-2/2010
Viele Fertigkeiten – vom Fahrrad fahren bis zum Französisch sprechen – können wir uns selbst nach Jahren ohne Übung oft im Nu wieder aneignen. Wie vollbringt unser Gehirn diese erstaunliche Leistung? Forscher vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried haben herausgefunden, dass einmal geknüpfte Verbindungen zwischen Nervenzellen nicht einfach verschwinden, wenn wir sie nicht mehr gebrauchen – sie bleiben in zurückgebildeter Form erhalten und können später leicht wieder aktiviert werden. Das berichtet die aktuelle Ausgabe des Magazins Gehirn&Geist (1-2/2010).
Die "Synapsen im Dornröschenschlaf" konnte der Biologe Mark Hübener mittels 2-Photonen-Mikroskopie nachweisen – ein technisches Verfahren, das extrem detailreiche Bilder von Nervenzellen liefert. So lässt sich die Zeitersparnis beim erneuten Üben erklären: Beim jedem Lernen entstehen neue Dornfortsätze an den Neuronen. Dort formen sich Kontakte zu anderen Hirnzellen. Diese zusätzlichen Verbindungen bleiben auch bei längerer Übungspause bestehen und erleichtern das spätere Auffrischen.
In einem weiteren Artikel in Gehirn&Geist (1-2/2010) erklären der Biologe Mathias Schmidt und der Psychologe Lars Schwabe, wie sich Stress auf das Gedächtnis auswirkt. Er kann die Merkleistung mal verbessern, mal aber auch hemmen. Entscheidend ist offenbar, ob die belastenden Ereignisse mit der Aufgabe zu tun haben: Erlebnisse, die den Körper unmittelbar in Aufruhr versetzen, brennen sich besonders tief ins Gedächtnis ein. Wenn die Stressoren jedoch nichts mit der konkreten Lernsituation zu tun haben, wirken sie ablenkend und das Lernvermögen ist deutlich herabgesetzt.
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