Mittwoch, 22. Februar 2012

Cherokee als Sklavenhalter

Um sich den Weißen anzupassen und ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern, hielten Indianer der Cherokee-Nation afrikanische Sklaven – ein wenig beachtetes Kapitel nordamerikanischer Geschichte.

Aus: Spektrum der Wissenschaft, März 2012

Weiß, schwarz und rot – drei Farben, mit denen sich eindringliche Bilder zur Geschichte der USA, insbesondere der Südstaaten verbinden. Weiße Großgrundbesitzer, deren aristokratischer Lebensstil auf der Arbeit afrikanischer Sklaven gründet; weitläufige Plantagen auf einem Land, das Indianern geraubt wurde. Mögen diese gängigen Vorstellungen von Opfern und Tätern auch in vielem der Wahrheit entsprechen, liefern sie nach heutiger Kenntnis doch kein vollständiges Geschichtsbild, wie "Spektrum der Wissenschaft" in seiner März-Ausgabe darstellt.

Denn insbesondere die Indianer des Südens suchten ihr Heil in der Anpassung und übernahmen einige Aspekte der europäischen Kultur – bis hin zu Rassismus und Sklaverei. Erst in den 1970er Jahren begannen Forscher, die Lebensumstände schwarzer Sklaven in den Indianernationen zu untersuchen. Dabei gerieten vor allem die Cherokee, in den Blick, die von allen Stämmen die meisten Sklaven besaßen. Vor der Ankunft der Weißen lebten sie vom Jagen, Sammeln und Gartenbau. Doch mit den Europäern begann der Niedergang ihrer Kultur. Die Briten boten Unterstützung an – sofern die Indianer den christlichen Glauben annahmen und Ackerbau betrieben. Gartenarbeit galt aber als Frauensache, Männer erlangten Ehre im Krieg und bei der Jagd. Zudem fehlte es an Gerätschaften, Saatgut und dem nötigen Wissen.

Und so lösten manche Stammesangehörige ihr Problem auf ungewöhnliche Weise: Indem sie Schwarzafrikaner kauften. Bis dahin diente die Versklavung von Kriegsgefangenen eher dem Renommee der Krieger. Nun aber vermochte eine kleine Gruppe Gewinne zu erwirtschaften, ohne selbst die Hacke schwingen zu müssen. Gleichzeitig übernahmen viele Cherokee zudem den Rassismus der Weißen.

1824 verbot der oberste Rat der Nation beispielsweise die Mischehe, da sie entwürdigend sei – die Schwarzen galten als minderwertig, was ihre Versklavung rechtfertigte. Lediglich ihre grundlose Tötung zählte immer noch als Mord. Doch der Versuch, sich durch diese kulturelle Anpassung auf eine Stufe mit den Weißen zu stellen, scheiterte. Wie andere Stämme östlich des Mississippi mussten sich auch die Cherokee nach 1830 auf den "Pfad der Tränen" in das gut 2000 Kilometer entfernte Indianer-Territorium in Oklahoma begeben. Tausende starben unterwegs, überdies bot der neue Lebensraum schlechtere Lebensbedingungen – und wieder suchten einige ihr Heil in der Sklavenhaltung. Doch längst nicht mehr alle Angehörige der Nation unterstützen diesen Weg. Als sich der amerikanische Bürgerkrieg an der Sklavenfrage entzündete, kämpften Cherokee auf beiden Seiten.