Mittwoch, 14. November 2012

Auf Kommando wasserdicht

Heidelberg. Wie praktisch wäre es für den Herbst, wenn man seine Kleidung auf Kommando Wasser abweisend machen könnte! An solchen Oberflächen, die ihre Eigenschaften verändern, arbeiten derzeit Forscher wie der Chemiker Rainer Herges von der Universität Kiel. In der aktuellen Ausgabe des Jugendmagazins "Spektrum neo" erklärt er, wie solche schaltbaren Oberflächen aufgebaut sind.
 
So gibt es zum Beispiel das "Knick-Molekül" Azobenzol. Es funktioniert wie ein natürlicher Schalter: Solange blaues Licht darauf fällt, das auch im normalen Tageslicht vorkommt, bleibt es lang gestreckt. Wenn man es jedoch mit UV-Licht bestrahlt, knickt es in der Mitte ab. Diesen Trick machten sich die Wissenschaftler um Rainer Herges zunutze: Sie bestückten ein Ende des Moleküls mit einem Stoff, der dem Teflon ähnelt – er lässt Wassertropfen einfach abperlen, wie man es von beschichteten Pfannen und Töpfen kennt. Bei Tageslicht sind die so behandelten Oberflächen Wasser abweisend, unter UV-Strahlung jedoch knickt die Teflonstruktur ein und die Oberfläche lässt sich von Wasser benetzen. Einen ganz ähnlichen Effekt nutzen die beliebten Brillengläser, die sich bei starkem Sonneneinfall automatisch abdunkeln.

Bis es möglich ist, Anoraks zwischen luftig und wasserdicht umschalten zu können, ist der Weg allerdings noch weit. Denn Kleidung, die ihre Eigenschaften durch Licht verändert, wäre nicht wirklich praktisch. Sinnvoller wäre es, wenn sie direkt auf Regen oder Kälte reagieren würde oder wenn sie einen elektrischen Schalter hätte. Das allerdings ist derzeit technisch noch sehr kompliziert und aufwändig.

Zum Hintergrund: Nanowissenschaft ist noch ein recht junger Forschungszweig, der sich mit Strukturen von zirka 1 bis 100 Nanometer Größe beschäftigt. Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters, also eine Million mal kleiner als ein Millimeter. Wegen ihrer sehr geringen Größe haben Teilchen im Nano-Format mitunter ganz andere Eigenschaften als Partikel im Mikro- oder Millimeter-Bereich. In der dritten Ausgabe von "Spektrum neo" dreht sich alles um die Welt im Nano-Maßstab.

Aus: Spektrum der Wissenschaft, Nr. 3