Auf Kommando wasserdicht
Heidelberg. Wie praktisch wäre es für den Herbst, wenn man seine
Kleidung auf Kommando Wasser abweisend machen könnte! An solchen
Oberflächen, die ihre Eigenschaften verändern, arbeiten derzeit Forscher
wie der Chemiker Rainer Herges von der Universität Kiel. In der
aktuellen Ausgabe des Jugendmagazins "Spektrum neo" erklärt er, wie
solche schaltbaren Oberflächen aufgebaut sind.
So gibt es zum Beispiel das "Knick-Molekül" Azobenzol. Es
funktioniert wie ein natürlicher Schalter: Solange blaues Licht darauf
fällt, das auch im normalen Tageslicht vorkommt, bleibt es lang
gestreckt. Wenn man es jedoch mit UV-Licht bestrahlt, knickt es in der
Mitte ab. Diesen Trick machten sich die Wissenschaftler um Rainer Herges
zunutze: Sie bestückten ein Ende des Moleküls mit einem Stoff, der dem
Teflon ähnelt – er lässt Wassertropfen einfach abperlen, wie man es von
beschichteten Pfannen und Töpfen kennt. Bei Tageslicht sind die so
behandelten Oberflächen Wasser abweisend, unter UV-Strahlung jedoch
knickt die Teflonstruktur ein und die Oberfläche lässt sich von Wasser
benetzen. Einen ganz ähnlichen Effekt nutzen die beliebten
Brillengläser, die sich bei starkem Sonneneinfall automatisch abdunkeln.
Bis es möglich ist, Anoraks zwischen luftig und wasserdicht umschalten
zu können, ist der Weg allerdings noch weit. Denn Kleidung, die ihre
Eigenschaften durch Licht verändert, wäre nicht wirklich praktisch.
Sinnvoller wäre es, wenn sie direkt auf Regen oder Kälte reagieren
würde oder wenn sie einen elektrischen Schalter hätte. Das allerdings
ist derzeit technisch noch sehr kompliziert und aufwändig.
Zum Hintergrund: Nanowissenschaft ist noch ein recht
junger Forschungszweig, der sich mit Strukturen von zirka 1 bis 100
Nanometer Größe beschäftigt. Ein Nanometer ist der milliardste Teil
eines Meters, also eine Million mal kleiner als ein Millimeter. Wegen
ihrer sehr geringen Größe haben Teilchen im Nano-Format mitunter ganz
andere Eigenschaften als Partikel im Mikro- oder Millimeter-Bereich. In
der dritten Ausgabe von "Spektrum neo" dreht sich alles um die Welt im
Nano-Maßstab.
Aus:
Spektrum der Wissenschaft, Nr. 3