Montag, 21. Januar 2013

Ostbayerns Schüler pauken immer mehr Tschechisch

Die bayerische Grenzregion entwickelt sich zum "Musterschüler" in der Sprache des östlichen Nachbarn. Tschechisch wird ein immer größeres Plus auf dem grenzenlosen Arbeitsmarkt.

Regensburg (obx) - Mluvís cesky? Sprichst du Tschechisch? Immer mehr Kinder und Jugendliche in Ostbayern können diese Frage mit Ja beantworten. "Musterschüler" auf dem Weg in eine zweisprachige Grenzregion ist die Oberpfalz, wo in mittlerweile rund 50 Schulen Tschechisch als freiwilliges Wahlfach einen Platz auf dem Stundenplan hat. Wer fleißig die Sprache des Nachbarlandes paukt, dem winkt nicht nur ein von Deutschland und Tschechien anerkanntes "Tschechisch-Diplom" der renommierten Prager Karlsuniversität - auch bei vielen ostbayerischen Unternehmen sind gute Tschechisch-Kenntnisse längst ein großes Plus auf dem Arbeitsmarkt.

Allein in der Oberpfalz setzen im laufenden Schuljahr 25 Realschulen, rund 20 Grund- und Hauptschulen sowie jeweils vier Gymnasien, Berufsschulen und Fachoberschulen auf Tschechisch als Ergänzung ihres Angebots.

Wer in Bayern als Schüler Tschechisch wählt hat seit gut eineinhalb Jahren die Chance, eine von beiden Nachbarländern offiziell anerkannte Sprachprüfung nach dem europaweit gültigen Bewertungsstandard abzulegen. Das Zertifikat wurde von Experten der berühmten Prager Karlsuniversität entwickelt. Auch ein fiktives Vorstellungs-Gespräch ist Teil des Tests.

Einst ungeliebtes Orchideen-Fach, gilt Tschechisch inzwischen besonders im bayerisch-böhmischen Grenzraum immer stärker als echter Bonus in der Berufswelt und handfestes Argument auf dem Arbeitsmarkt. Seit knapp zwei Jahren sind der deutsche und der tschechische Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer beider Länder vollständig offen.

Viele bayerische Unternehmen wünschen sich bei Neueinstellungen Kenntnisse in der Sprache des Nachbarn. "Wer Tschechisch kann, ist klar im Vorteil", sagt beispielsweise Stefanie Luber, kaufmännische Ausbildungsleiterin bei BHS Corrugated mit Sitz im Oberpfälzischen Weiherhammer. Der Weltmarktführer bei der Herstellung von Anlagen zur Produktion von Wellpappen hat auch ein Werk im tschechischen Tachov.

BHS hat schon vor rund fünf Jahren eine deutsch-tschechische Fachklasse eingerichtet, bei der Jugendliche aus beiden Ländern gemeinsam als Maschinen- und Anlagenführer ausgebildet werden und zusätzlich Kenntnisse in der Sprache des Nachbarn erwerben. "Ein Teil des Ausbildungsprogramms wird in Tschechien, ein Teil in Bayern absolviert", sagt Stefanie Luber.

Auch das niederbayerische Dichtungstechnik-Unternehmen Wallstabe & Schneider GmbH & Co. KG setzt auf wachsende Tschechisch-Kenntnisse bei Ostbayerns Schülern. Deshalb fördert der Betrieb die Schulpartnerschaft der Realschule Bogen mit einer Mittelschule im tschechischen Strana. "Tschechisch-Kenntnisse sind sowohl für den Arbeitsmarkt als auch für eine gute Beziehung zu unserem östlichen Nachbarland wichtig", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Jürgen Wallstabe.