Mittwoch, 20. Februar 2013

Barfuß laufen - besser als Einlagen


Orthopädische Schuheinlagen werden von Ärzten zunehmend kritisch gesehen. Dafür gibt es eine Reihe Gründe.

Regensburg (obx-medizindirekt) - "Viele Menschen laufen problemlos ein Leben lang auf Plattfüßen", erklärt der Regensburger Arzt Dr. Stephan Hülsmann. Was er damit eigentlich sagen will: Nicht jeder Fuß, der Abweichungen von der Idealform aufweist, benötigt orthopädische Einlagen. Immer häufiger, so kritisieren Mediziner, werden Einlagen verordnet, wo vielleicht eher eine Fußgymnastik oder regelmäßiges Barfuß laufen viel bessere Wirkungen erzielen könnten.

Nicht immer sind orthopädische Einlagen auch das Mittel der Wahl, stellt das Fachmagazin "Der Allgemeinarzt" fest. Vor allem wird der Nutzen von Einlagen bei Kindern unter zehn Jahren angezweifelt. Diese Zweifel hat eine Studie an der Universitätsklinik für Orthopädie in Wien bestärkt, bei der die Füße von mehr als 800 drei- bis sechsjährigen Kindern untersucht wurden.

Eine gesunde Fußwölbung beruht in erster Linie auf Muskelkraft. Bei Kindern wird diese jedoch erst im Laufe der ersten sechs bis zehn Jahre durch Laufen, Rennen und Spielen erworben. Deshalb ergab die Wiener Untersuchung auch, dass 54 Prozent der Dreijährigen einen Knick-Senkfuß hatten, während diese Fehlbildung nur noch bei 26 Prozent der Sechsjährigen auftrat. Nur in einem einzigen Fall war der flache Fuß eines Kindes krankhafter Natur. Allerdings trug jedes zehnte untersuchte Kind Einlagen. Obendrein trugen einige der Kinder ihre linke und rechte Einlage vertauscht oder gar mit der Unterseite nach oben.

Einlagen können manchmal eher schaden als nützen. Denn weil Muskelkraft zur Bildung des gesunden Fußes nötig ist, die Einlagen aber als starre Unterlage wirken und dadurch die Muskeln eher schwächen, sind Einlagen zunehmend umstritten. "Ich rate meinen Patienten zu regelmäßigen Übungen, wie auf den Zehen wippen oder auf den Zehen stehen wie im Ballett oder die Füße kreisen lassen", erklärt Dr. Hülsmann. Barfuß laufen sollte möglichst auf Waldboden, Wiesen oder Sandstrand, besser nicht auf glatten, ebenen Flächen ausgeübt werden.

Einlagen sollten laut dem Fachmagazin "Der Allgemeinarzt" jedenfalls ganz gezielt eingesetzt werden. Etwa bei einem Knick-Senkfuß, der Schmerzen im Stehen verursacht, oder bei dem brennende Schmerzen der Fußsohle auftreten. Oder aber beim Spreizfuß, bei Hallux valgus (Schiefstand der großen Zehe), bei so genannter Reiterzehe, bei Fersensporn und nach Mittelfuß- oder Fersenbeinbrüchen.
Kritik an der Verordnungspraxis übt auch der Traunsteiner Orthopädie-Schuhmacher Michael Weiß: "Einige Ärzte haben keine Ahnung, welche Materialien und Möglichkeiten es von handwerklicher Seite her gibt. Somit entsteht für den Orthopädie-Schuhmacher auch eine Zwickmühle: Rechtlich gesehen muss er das anfertigen, was auf dem Rezept steht, auch wenn der Hintergrund fraglich ist." Allerdings ist es für Michael Weiß "unbestreitbar, dass Einlagen dabei helfen, schmerzhafte Fußzonen zu entlasten, damit diese sich regenerieren können."