Hannover (apothekerkammer) – Wer älter ist als 60 Jahre, regelmäßig mehrere Medikamente einnimmt und ungewöhnliche Symptome bemerkt, sollte einen Beratungstermin bei seinem Apotheker vereinbaren. Diese Symptome können arzneimittelbedingt sein, denn was viele Patienten nicht wissen: Arzneimittel wirken bei älteren Menschen anders als bei jüngeren Erwachsenen. „Eine genaue Altersgrenze gibt es nicht, aber einige Arzneimittel sind für ältere Menschen weniger geeignet. Sie können einzeln oder in Kombination neue Beschwerden oder Nebenwirkungen hervorrufen, die vermeidbar sind“, teilt die Apothekerkammer Niedersachsen mit.
Bei älteren Menschen werden die Wirkstoffe der Arzneimittel anders verstoffwechselt, das heißt, sie werden schneller oder langsamer aufgenommen oder ausgeschieden. Leber und Nieren arbeiten langsamer und das Verhältnis zwischen Wassergehalt, Muskelmasse und Körperfett ist ein anderes als bei einem Menschen im mittleren Alter. Häufig sind im Alter Standarddosierungen zu hoch. Der veränderte Stoffwechsel bei Senioren kann zu Über- oder Unterdosierungen der Medikamente führen. Unerwünschte Wirkungen kommen häufiger vor, z.B. Schwindelgefühl, so dass es leichter zu Stürzen kommen kann. Es können sogar Vergiftungserscheinungen auftreten, wenn sich ein stark wirksames Arzneimittel aufgrund der geringeren Ausscheidungsrate unerwartet im Körper anreichert.
Ältere Menschen werden auch von bereits bekannten Nebenwirkungen stärker beeinflusst als jüngere. Werden diese nicht als solche erkannt, werden die Patienten erneut mit Medikamenten behandelt. Unverträglichkeiten im Alter können plötzlich auftreten und auch bei Medikamenten, die ein Patient schon jahrelang einnimmt. Betroffen sind viele Wirkstoffe und auch freiverkäufliche Arzneimittel wie Schmerz- und Schlafmittel.
„Nicht sinnvoll ist es allerdings, “ so die Apothekerkammer Niedersachsen, „nach eigenen Recherchen, z.B. in Bewertungslisten im Internet, ein Medikament einfach abzusetzen“. Ob der Nutzen einer Arzneimitteltherapie höher ist als eventuelle Risiken, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab und muss jeweils individuell durch sachkundige Beratung festgestellt werden. Apotheker und Arzt sind in diesem Fall die richtigen Ansprechpartner. Im Rahmen der Bemühungen um Optimierung der Arzneimitteltherapiesicherheit wurden in den letzten Jahren verschiedene Listen (u.a. FORTA =fit for the aged oder PRISCUS = Liste potentiell inadäquater Medikation für ältere Menschen) erarbeitet, die von den Fachleuten zur Einschätzung herangezogen werden können.
In diesen Listen sind Medikamente aufgeführt, die besonders gut oder eher nicht für Senioren geeignet sind. Grundsätzlich sollte bei der Therapie von langwierigen Erkrankungen im Gespräch mit dem Arzt regelmäßig überprüft werden, ob die Medikamente in Anzahl und Dosierung noch dem Krankheitsbild entsprechen oder neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen. „Besonders älteren Menschen, die mehrere Medikamente benötigen, sei es mit oder ohne Rezept, gilt das Angebot der Apotheken, mögliche Wechselwirkungen und spezielle Risiken zu überprüfen. Sie sollten ihren Apotheker konkret danach fragen.“, so die Apothekerkammer Niedersachsen.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.000 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwirbt der Studierende Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie und Toxikologie. Nach drei Staatsexamina erhält er eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung kann er eine öffentliche Apotheke führen. Der Apotheker fertigt individuelle Rezepturen an, erklärt die korrekte Einnahme von Medikamenten, warnt vor Wechselwirkungen und garantiert diese Versorgung auch im Nacht- und Notdienst.