Heidelberg. Unsere Sonne schwingt. Gleich einem gigantischen Gong "erklingt" unser Tagesgestirn in mehreren verschiedenen Schwingungsmoden: Teile der Sonnenoberfläche bewegen sich auf uns zu, während andere sich von uns wegbewegen. Diese mit Spektrometern beobachteten Schwingungen dauern mehrere Minuten.
Aus: Sterne und Weltraum, April 2013
Mittlerweile ist dieses Schwingungsverhalten auch bei den entfernten Geschwistern der Sonne nachgewiesen, den Sternen. Das ist jedoch viel schwieriger als bei der Sonne, schließlich sind die Sterne viel weiter entfernt, daher lichtschwächer und lassen keine Details ihrer Oberfläche erkennen. Hier kommt das Satellitenobservatorium Kepler zu Hilfe. Kepler sucht in der Hauptsache nach Exoplaneten, die beim Vorübergang – dem Transit – ihren Zentralstern geringfügig in der Helligkeit abschwächen, weil sie einen Teil seines Lichts ausblenden.
Kepler misst daher sehr präzise die Helligkeit von vielen Sternen gleichzeitig und nimmt lange Zeitserien von ihnen auf. Dabei gehen den Astronomen aber nicht nur Exoplaneten ins Netz, sondern auch eine große Zahl von Sternen, deren Helligkeit auf Grund ihrer inneren Aufbaus rhythmisch schwankt.
Bei einem bestimmten Sterntyp, den Roten Riesen, ist nun ein Durchbruch im Verständnis dieser Helligkeitsschwankungen gelungen. Rote Riesen sind Sterne, die ihren ursprünglichen Vorrat an Wasserstoff weitgehend aufgebraucht haben. Sie verbrennen nun durch Anpassen des inneren Drucks und der Temperatur schwerere Elemente per Kernfusion. Solche Sterne haben den größten Teil ihres normalen Lebens bereits hinter sich.
Die Analyse ihrer Helligkeitsschwankungen ergab Schwingungsmoden, bei denen die Schwingung rund 2 ½ Stunden dauert und die Aufschluss über ihre innere Rotation gestatten. Damit sieht der Exoplanetensucher Kepler praktisch ins Innere dieser Sterne hinein. Diese astronomische Disziplin wird in Analogie zur Erdbebenforschung Asteroseismologie genannt. Die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse lassen zudem darauf schließen, dass die Rotation der Sterne ihre Entwicklung auf dem Weg vom normalen Stern hin zum gealterten Riesenstern beeinflusst.
Über diese neuen Erkenntnisse berichten Paul Gerhard Beck von der Universität Löwen in Belgien, der über die Rotationsprofile roter Riesensterne forscht, und Thomas Kallinger vom Institut für Astronomie der Universität Wien, der mit Hilfe der Asteroseismologie das Innere der Sterne untersucht, in der Aprilausgabe der Zeitschrift "Sterne und Weltraum".