Seit heute (11.3.) gilt in der EU das vollständige Verkaufsverbot für an Tieren getestete Kosmetika. Regensburger Forscher haben jetzt ein "Mini-Labor" als unbedenklichen Ersatz für qualvolle Tierversuche entwickelt.
Regensburg (obx) - Duschgel, Lippenstift oder Hautcreme - bevor solche Kosmetika in den Handel gelangen dürfen, müssen sie intensiv auf ihre Hautverträglichkeit getestet werden. Früher waren dazu viele umstrittene Tierversuche nötig. Doch seit heute gilt in der Europäischen Union ein totales Vermarktungsverbot für an Tieren getestete Kosmetika. Jetzt haben Regensburger Wissenschaftler einen neuartigen Chip entwickelt, der die Reaktion von Hautzellen auf neue Pflegeprodukte anzeigt - ohne, dass dafür Tiere leiden müssen. Derzeit wird ein Prototyp des neuen "Westentaschen-Labors" konstruiert, das bald auch andere Zell-Typen testen könnte.
Das innovative Kompakt-Labor zur Untersuchung von Hautreaktionen auf neue Kosmetika aller Art ist nur in etwa so groß wie eine Kreditkarte. Durch den Chip laufen drei winzige Kanäle mit jeweils drei "Messstationen", die mit gezüchteten Hautzellen besiedelt sind. Beim Test eines neuen Kosmetik-Produkts werden die fraglichen Inhaltsstoffe einfach durch die Kanäle im Chip an den Hautzellen vorbeigeleitet.
Am Computer können die Wissenschaftler dann die Reaktion der Hautzellen aus dem "Westentaschen-Labor" ablesen. Dabei machen sich die Forscher zwei wichtige Eigenschaften von Hautzellen für ihre Messung zu Nutze: Gerät die Haut durch ein unverträgliches Pflegeprodukt unter "Stress", verändern die Hautzellen ihre Form. Diese Formveränderung kann das Mini-Labor elektrisch messen und am Computer anzeigen lassen.
Ein zweiter "Trick" hilft den Wissenschaftlern beim sanften Testen der Hautverträglichkeit von neuen Pflegeprodukten. Die künstlichen Hautzellen im neuen Kompakt-Labor sind gentechnisch so manipuliert, dass sie bei einer Reizung ein "leuchtendes" Eiweiß, statt des üblichen "Stress-Proteins" produzieren. Enthält ein neues Duschgel also schädliche Stoffe, dann schimmern die "Test-Zellen" in grün.<ü>
Auch wenn schon früher immer mehr Tests an gezüchteten Hautzellen Tierversuche ersetzt haben: die herkömmlichen Untersuchungen in der Petrischale liefern weniger Messdaten und verbrauchen deutlich mehr Zell-Material als das neue "Westentaschen-Labor".
Aktuell entwickeln die Forscher um Professor Dr. Joachim Wegener vom Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik an der Universität Regensburg gemeinsam mit weiteren Partnern in Industrie und Wissenschaft einen Prototyp ihres innovativen "Mini-Labs". Das Projekt wird mit gut einer Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert.
Künftig soll das Chip-Labor auch für das Testen beliebiger weiterer Zell-Typen beispielsweise aus Darm- oder Muskelgewebe einsetzbar werden - und damit vielleicht noch mehr Tierversuche vermeiden.