Mehr als 250 Architektenteams aus aller Welt haben sich um den Bau des neuen Museums der Bayerischen Geschichte in Regensburg beworben. Ende März fällt die Entscheidung. In allen Ecken des Landes wird bereits nach Exponaten aus 200 Jahren bayerischer Geschichte gesucht. In einem Bauernhof wiederentdeckt: der alte Bayerische Landtag.
Regensburg (obx-BayernReport) - Es ist eine Mammut-Aufgabe: Bis 2018 soll in Regensburg das neue Museum der Bayerischen Geschichte entstehen - rechtzeitig fertiggestellt zum 100. Geburtstag des Freistaats Bayern und anlässlich des Jahrestags "200 Jahre bayerische Verfassung". Seit mehr als 50 Jahren geplant, Jahrzehnte politisch heiß umstritten und 2012 endgültig beschlossen, soll dieses Museum in der bayerischen, der deutschen und internationalen Museumslandschaft Maßstäbe setzen.
Baudenkmäler, Schlösser, Klöster und andere Exponate in Form von Hologrammen dreidimensional im Raum schwebend und viele weitere aufwendige High-Tech-Installationen zur spektakulären Präsentation der letzten 200 Jahre bayerischer Geschichte und zur visuellen Veranschaulichung der Donau als Lebensader haben die Planer vor Augen.
Ein soweit als möglich energieautarkes Museum stand als Forderung in den Ausschreibungsunterlagen für den Architekturwettbewerb, der seit einigen Wochen abgeschlossen ist. Über 250 Architekturbüros aus der ganzen Welt haben sich beteiligt. Ende März wird ein Gremium darüber entscheiden, wie das neue Museum der Bayerischen Geschichte aussehen soll.
Eine Mammut-Aufgabe ist bereits jetzt die Vorauswahl der preiswürdigen Entwürfe. Anfang Februar musste eigens ein altes stillgelegtes Möbelhaus angemietet werden, um genügend Platz für das Auflegen der 250 Entwürfe und der gleichen Menge an 3-D-Modellen zu schaffen. Räume in der benötigten Größe waren sonst in Regensburg nicht zu finden. Jetzt warten die besten 50 Entwürfe auf die Schlussentscheidung, die Ende März unter Federführung von Kultusminister Wolfgang Heubisch von Experten aus verschiedenen Ministerien, Architekten und Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger getroffen werden soll.
Eckpunkte der Gestaltung sind vorgegeben: So soll das Gebäude über 2500 Quadratmeter Fläche für die Dauerausstellung erhalten, in deren Mittelpunkt die "Präsentation des modernen Bayern" in der Abfolge der Generationen von 1806 bis heute steht. Weitere 1000 Quadratmeter Fläche sind für Sonderausstellungen vorgesehen. Dieser Raum soll multifunktionell auch für Veranstaltungen mit 500 Sitzplätzen gebucht werden können.
"Es wird kein Glaspalast werden, sondern ein Gebäude mit hoher Energieeffizienz, ein Haus der Zukunft für die Geschichte der Gegenwart", sagt Dr. Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte. Ein entscheidendes Wort bei der Gestaltung des auf zunächst 61 Millionen Euro veranschlagten Gebäudes hat auch das UNESCO-Welterbe-Komitee, denn keiner der Bauverantwortlichen will riskieren, dass Regensburg wegen des Museumsneubaus den 2006 verliehenen Titel des Welterbes verliert.
Wenn das Museum der Bayerischen Geschichte zum 100. Geburtstag des Freistaats Bayern 2018 seine Pforten am Regensburger Donau-Ufer öffnet, wird ein Plan Wirklichkeit, den bereits Bayerns Ministerpräsident Wilhelm Högner 1961 formulierte, an dem aber selbst politische Schwergewichte wie Ministerpräsident Franz Josef Strauß scheiterten. Erst als Ministerpräsident Seehofer das Projekt 2008 zur Chefsache erklärte, nahm die Vorplanung des Museums Form an.
Problem war zunächst der Standort. Erst sollte das Museum auf der Fläche der heutigen Staatskanzlei in München entstehen, was sich nicht verwirklichen ließ. Bei der aktuellen Standortentscheidung setzte sich Regensburg gegen 25 Mitbewerber durch. "Regensburg steht für Bayern wie keine andere Stadt", sagt Oberbürgermeister Schaidinger. Die Donaustadt war bereits Stadt des Immerwährenden deutschen Reichstags und gilt als die älteste "Hauptstadt" Bayerns.
Als Problem erwies sich in der Vergangenheit auch die Suche nach geeigneten Exponaten. "Kein anderes Museum ist bereit, die bayerische Königskrone für das Museum der Bayerischen Geschichte abzugeben", sagen Insider. Das ist auch nicht das Kernziel von Projektleiter Richard Loibl, der seit Jahren auch die Landesausstellungen an wechselnden Standorten konzipiert. Ihm geht es um die Sicht "von unten" - wie die Bayerinnen und Bayern die Geschichte gestalteten und erlebten.
Bei der Zusammenstellung des Inventars ging und geht der Historiker ungewöhnliche Wege: Via Internet, Fernsehen und Presse hat Loibl die Bürger aufgefordert zur Bestückung beizutragen. "Wir suchen Geschichten aus den Familien, den Gemeinden und den Lebenswelten, die über Erinnerungsstücke transportiert werden - von der Pickelhaube mit Durchschuss, die die Familie als Erinnerung des im 1. Weltkrieg schwer verwundeten Großvaters aufbewahrte, bis zur Chianti-Flasche als Mitbringsel aus dem ersten per Fahrrad angetretenen Italienurlaub aus den 1950er Jahren", sagt Richard Loibl.
So manches bedeutendes Stück Geschichte hat die Suche bereits zutage gebracht: zum Beispiel das Inventar des ersten Bayerischen Landtags, das 2004 entsorgt wurde. Bis vor kurzem galt die alte Einrichtung des Parlaments, in dem, so Richard Loibl, "ab 1946 die bayerische Demokratie geschmiedet wurde", als verschollen oder vielleicht sogar zu Brennholz verarbeitet. Im Rahmen der Suche für das neue Museum ist er wieder aufgetaucht: aufgestapelt in der Scheune eines oberbayerischen Landwirts. Restauriert soll der Plenarsaal eine der Perlen des neuen Museums der Bayerischen Geschichte werden.