Mit dem Schengener Abkommen begannen in Europa die Grenzen zu fallen. Unterzeichnet wurde das historische Dokument auf einem Moseldampfer, der lange als verschollen galt - bis das Schiff plötzlich auf der Donau wieder auftauchte. Die "MS Regensburg" verdient jetzt als Ausflugsdampfer ihr Gnadenbrot.
Regensburg (obx) - Das Schengener Abkommen ist ein Meilenstein der europäischen Geschichte: Mit dem Dokument begann 1985 die Öffnung der Staatsgrenzen auf dem Kontinent. Heute genießen bereits mehr als 400 Millionen Europäer in mittlerweile 26 "Schengen-Staaten" nahezu uneingeschränkte Reisefreiheit ohne Pass und Schlagbaum. Unterzeichnet wurde das historische Dokument für ein Europa ohne Grenzen auf einem unscheinbaren Personenschiff auf der Mosel im luxemburgischen Schengen. Nach dem der geschichtsträchtige Dampfer mehrfach verkauft und lange Zeit in Vergessenheit geraten war, entdeckte plötzlich ein Regensburger Schifffahrtsunternehmen das Schiff in seiner Flotte. Jetzt können Ausflügler auf der Donau bei Rundfahrten auf der "MS Regensburg" einen Hauch großer Geschichte spüren.
Die im Schengener Abkommen gesicherte europaweite Reisefreiheit ist einer der größten und spürbarsten Erfolge der europäischen Einigung. Doch anfangs war das Gelingen des "Schengen-Projekts" alles andere als sicher. Ohne großen Pomp unterzeichneten daher Vertreter Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs das Abkommen an einem unscheinbaren aber symbolträchtigen Ort: Auf dem damals nagelneuen luxemburgischen Mosel-Dampfer "Princesse Marie-Astrid" im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg.
Nach der kurzen Zeremonie geriet das "Schengen-Schiff" schnell wieder in Vergessenheit. Ab Anfang der 90er Jahre drehte der Dampfer dann unter dem neuen Namen "Sankt Nikolaus" auf dem Rhein seine Runden, bis er schließlich 2003 von dem Regensburger Schifffahrtsunternehmen Klinger als "MS Regensburg" auf die Donau geholt wurde.
"Etwa zwei Jahre nach dem Kauf bekam ich plötzlich einen Anruf aus Luxemburg", erzählt Susanne Völkl, Geschäftsführerin der Regensburger Personen-Schifffahrt Klinger GmbH. Am Apparat: der Schengener Bürgermeister Roger Weber. Das Stadtoberhaupt hatte sich anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des inzwischen gefeierten und erfolgreichen Schengener Abkommens auf die Suche nach "seinem" Schengen-Schiff gemacht. "Da sind Sie hier falsch", war Völkl anfangs überzeugt, doch eine Recherche belegte schnell die Überraschung: Das historische Schiff kreuzt mittlerweile tatsächlich auf der Donau bei Regensburg.
Kurzerhand verlegte der Schengener Gemeinderat seine Jubiläums-Feier von der Mosel an die Donau. "Seither treffen wir uns alle fünf Jahre zu einer Jubiläums-Fahrt auf der MS Regensburg", sagt Susanne Völkl. Auf dem gut 40 Meter langen und mehr als sieben Meter breiten Ausflugsschiff erinnern mittlerweile eine Gedenktafel und eines der wenigen Bilder von der Unterzeichnung des Schengener Abkommens an den historischen Ort.
Auf der Donau bei Regensburg hat das "Schengen-Schiff" als Symbol der europäischen Einigung eine würdige Heimat im neuen Zentrum des Kontinents gefunden. Heute bringt der Ausflugsdampfer jährlich tausende Gäste aus aller Welt regelmäßig zu anderen geschichtsträchtigen Orten: zum Beispiel zur Walhalla, dem berühmten Ruhmestempel der Deutschen von Bayern-König Ludwig I. Wer den Hauch der europäischen Geschichte ganz privat erleben will: Die MS Regensburg kann auch gemietet werden.