Mittwoch, 8. Mai 2013

Dem Klima früherer Zeiten auf der Spur

Heidelberg. Der Potsdamer Klimaforscher Ingo Heinrich macht sich Sorgen über die Zukunft des Klimas. In den letzten drei Sommern, so der Wissenschaftler, sei es ungewöhnlich feucht und kühl gewesen. Diese natürlichen Schwankungen könnten verdecken, dass der Mensch durch seine Treibhausgasemissionen die Erde immer weiter aufheizt. "Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt", sagt Heinrich, "erleben wir in 20 Jahren vielleicht unser blaues Wunder." Über Klimaforscher und die Methoden, mit denen sie der Vergangenheit der Erde auf die Schliche kommen, berichtet das Jugendmagazin "Spektrum neo" in seiner aktuellen Ausgabe mit dem Titel "Unsere Erde".

Aus: Spektrum neo, Nr. 5, Unsere Erde

Um herauszufinden, wie sich das Klima in den letzten Jahrhunderten entwickelt hat, entnimmt etwa Ingo Heinrich Proben aus dem Holz uralter Bäume. Denn die Jahrringe verraten dem Forscher jede Menge darüber, wie das Klima zu der Zeit war, als sie entstanden sind. Temperatur- wie Niederschlagsverhältnisse lassen sich so über Jahrhunderte zurückverfolgen – bis auf den Monat genau.

Der Wissenschaftler Martin Melles dagegen blickt anhand von See-Sedimenten Millionen von Jahren zurück. Dabei hat er herausgefunden, dass sich in der Geschichte unseres Planeten in regelmäßigen Abständen so genannte Superwarmzeiten ereigneten. Grund hierfür war das Dahinschmelzen großer Eismengen am Südpol. Dieses Phänomen lässt sich auch heute wieder beobachten, und so befürchtet Melles: "Das Klima an Nord- und Südpol wird in Zukunft wahrscheinlich noch deutlich wärmer, als Wissenschaftler es momentan vermuten."

Zum Hintergrund: Mit Bohrkernen lässt sich tief in die Klima-Geschichte der Erde blicken. So wissen Forscher mittlerweile: Als unser Heimatplanet vor 4,6 Milliarden Jahren entstand, herrschten noch lebensfeindliche Temperaturen von annähernd 180 Grad Celsius auf seiner Oberfläche. Mit der Zeit kühlte die Erde allmählich ab – und ermöglichte so das Leben. Allerdings schwanken Temperatur und Niederschlagsmenge bis heute in regelmäßigen Zyklen. Kalt- und Warmzeiten wechseln sich stetig ab: Während die Dinosaurier keinen Schnee und Eis zu Gesicht bekamen, fühlten sich zu Beginn der letzten Eiszeit vor 12 000 Jahren gar Eisbären in Norddeutschland heimisch.

Ingo Heinrich arbeitet am Geoforschungszentrum in Potsdam. Er erforscht, wie sich das Klima in den Regionen Nordostdeutschlands und Polens im Laufe der vergangenen Jahrhunderte entwickelt hat. Mit Hilfe der Baumproben kann der Paläoklimatologe bis zu 1000 Jahre in die Vergangenheit blicken.

Martin Melles ist Professor für Geologie und Mineralogie an der Universität Köln. Im Winter 2008/2009 unternahm er mit einem internationalen Forscherteam eine Expedition an den sibirischen Elgygytgyn-See. Dort gewann er durch das Erbohren von Sedimenten über Jahre hinweg zahlreiche Informationen über ferne Klimaepochen.