Mittwoch, 8. Mai 2013

Monsterwellen im Miniaturformat

Hamburg/Heidelberg. Wie entstehen aus dem Nichts 40 Meter hohe Monsterwellen? Und wie können sich Seeleute davor schützen? Um das herauszufinden, darf Amin Chabchoub tagtäglich im Dienst der Wissenschaft Schiffe versenken. Am Institut für Mechanik und Meerestechnik der Technischen Universität Hamburg-Harburg versuchen er und seine Kollegen, die Wellenberge in einem Wassertank nachzubilden. Kinder-Reporter aus Hamburg und Heidelberg durften den Wissenschaftler nun für die neueste Ausgabe der Jugendzeitschrift "Spektrum neo" bei einem Interviewtermin löchern.

Aus: Spektrum neo, Nr. 5, Unsere Erde

Im Wellenlabor Chabchoub erklärte nicht nur, was Monsterwellen von Tsunamis unterscheidet, sondern auch, ob man auf den gigantischen Wassermassen surfen könnte: das hält er zwar für möglich, aber nicht für ratsam. Und wie fühlen sich Fische dabei? Vielleicht kurzzeitig "wie in der Waschmaschine", erwidert der Forscher. Gefährlich sind die Wellen, die man noch bis 1995 für bloßes Seemansgarn hielt, aber für die Meerestiere nicht – im Gegensatz zu den Schiffen, die das Pech haben, unter einen solchen Wasserberg zu geraten.
Höher, steiler, schneller lautete anschließend die Devise, als der Doktor der angewandten Mathematik nichts unversucht ließ, um das aus Heidelberg nach Hamburg mitgebrachte Spielzeugboot mit neo-Flagge zu versenken. Wer forscht, braucht einen langen Atem – das lernten die neo-Reporter Jenny (13), Olivia (15) sowie Vincent und Frederik (beide 12) bei dieser Gelegenheit. Verstanden haben sie außerdem, was die gigantischen Wasserwände so gefährlich macht und warum schon ein paar Sekunden Vorwarnzeit enorme Schäden verhindern könnten.

Zum Hintergrund: Eine mathematische Formel hat das Denk-Modell geliefert, auf dessen Basis im Hamburger Wassertank die Wirklichkeit nachgeahmt wird. So stabil und regelmäßig, wie man lange dachte, ist die Bewegung des Meeres nämlich keineswegs. Aus noch unerklärlichen Gründen werden manche Wogen instabil, saugen Energie von ihren Nachbarn ab und türmen sich zu unglaublich steilen Wellenbergen auf. Mit einer Wucht von bis zu 100 Tonnen pro Quadratmeter brechen sie dann auf Schiffe herein. Ein seltenes Phänomen sind sie nicht: In jedem Moment, schätzen Experten, ziehen etwa zehn dieser Ungetüme gleichzeitig über die Weltmeere. Kein Wunder, dass Amin Chabchoub und seine Kollegen nur ein Ziel vor Augen haben – schnellstmöglich eine Art Schiffsradar für Monsterwellen zu bauen.