Freitag, 14. Juni 2013

Drohne überquert die Alpen

Rekord-Härtetest: Eine Drohne der microdrones GmbH überfliegt das Gotthardtmassiv


Siegen - Eine Drohne vom Typ md4-1000 hat am Mittwochvormittag etwas geschafft, zu dem bislang kein anderer Quadrocopter in der Lage gewesen ist: Ausgerüstet mit einer HD-Kamera hat sie unter widrigen Bedingungen von der Schweiz aus das Gotthardtmassiv nach Italien überquert. Der komplexe Rekordflug, der knapp 25 Minuten andauerte, wurde von einem professionellen Stunt- und Filmteam überwacht. Helikopter und zahlreiche Kameras begleiteten die Drohne bei ihrem Weg über die Alpen. An dem Experiment beteiligten sich mehrere Unternehmen – darunter auch Mercedes-Benz.

Drohnen sind in Zeiten des „Euro-Hawk“ kein beliebtes Thema in Deutschland. Doch häufig wird vergessen, wie flexibel und wichtig so genannte „unmanned aerial vehicle“ für zivile Einsatzzwecke sein können – und wie leistungsstark „UAVs made in Germany“ sind. Letzteres hat die microdrones GmbH nun mit einem abenteuerlichen Experiment unter Beweis gestellt: Ihre Drohne des Typs md4-1000 überquerte die Alpen über das Gotthardtmassiv zwischen Hospental und Airolo.

Ein solcher Flug ist für einen ferngesteuerten Quadrocopter eine sehr komplexe Herausforderung, die hohe Flugzeit, Präzision und Widerstandsfähigkeit der Drohne verlangt. Da gibt es eine Menge unberechenbare Faktoren. Deswegen hat sich bislang auch noch keiner an so ein Experiment herangetraut“, erläutert microdrones-CEO Sven Juerss, der die md4-1000 höchstpersönlich aus einem Mercedes-Benz SL 63 AMG begleitete. „Dass wir es tatsächlich geschafft haben, macht mich ungemein stolz.“

Auf der Gesamtstrecke von zirka 12 Kilometern flog die md4-1000 vollautomatisch im GPS-Waypoint-Modus und wich Hochspannungs- und Telefonleitungen, sowie einer Seilbahn aus. Erschwerend kamen verschiedene Witterungsbedingungen durch Sonnen- und Schneeeinfluss sowie Höhenunterschiede von mehr als 1.600 Metern hinzu. „Die abwechslungsreiche Strecke liefert uns fantastische Aufnahmen“, prognostiziert Juerss. „Einmal wurde es auch richtig eng. Wir hatten den Schnee auf dem Gipfel unterschätzt und mussten die Flugbahn unter hohem Zeitdruck korrigieren – das wär fast eine Schlittenfahrt geworden.“

Ein weiteres, kaum berechenbares Hindernis stellte der starke Wind dar, der durch die Temperaturunterschiede noch intensiviert wurde. „Der kalte Wind fällt auf der Südseite praktisch den Berg hinunter – das ist so ein bisschen, als würde man mit einem Skateboard eine Halfpipe fahren – nur, dass man das Skateboard fernsteuern muss“, so Juerss.

Bereits vor mehreren Monaten wurde das Experiment in penibler Kleinstarbeit vorbereitet: Die Strecke wurde genau ausgemessen und in 18 Wegpunkte unterteilt, Hindernisse mussten erfasst und kartographiert werden.

An der Vorbereitung und Realisierung des Projektes beteiligten sich mehrere Unternehmen: Die Daimler AG beispielsweise stellte Mercedes-Benz-Fahrzeuge zur Verfügung. Auch Sony Deutschland, die Carl Zeiss AG und der Hard- und Softwarehersteller u-blox unterstützten den außergewöhnlichen Härtetest.

„Wir hatten hier ein fantastisches Team, ohne das dieses Experiment nicht möglich gewesen wäre“, so Juerss. Fünf Flug-Operator für Start, Boden, Luft, Landung und Wegpunkte kontrollierten den vorprogrammierten Flug. Um den Rekord genau zu dokumentieren und die besten möglichen Bilder zu produzieren, hatte microdrones extra eine professionelle Stunt- und Filmcrew aus den USA einfliegen lassen. Die Action-Profis, die üblicherweise für große Blockbuster-Produktionen gebucht werden, zeigten sich von dem kleinen, ferngesteuerten Kollegen beeindruckt. Ergänzt wurde das Team durch professionelle Drohnenpiloten, Präzisionsfahrer und Ingenieure.

Bereits Anfang 2012 hatte microdrones einen Rekord aufgestellt, als das Unternehmen filmisch dokumentierte, dass die md4-1000 für eine Dauer von 88 Minuten ohne Außeneinwirkung in der Luft schweben kann. Juerss erklärt: „Diese Härtetests sind sehr wichtig. Häufig wird vergessen, dass microdrones vielfach eingesetzt werden, um bei Katastrophen zu helfen oder die Wissenschaft voran zu treiben. Und bei solchen Einsätzen zählen vor allem Ausdauer, Widerstandsfähigkeit und Zuverlässigkeit.“

microdrones wird das bei der Alpenüberquerung zustande gekommene Filmmaterial zeitnah veröffentlichen.