Montag, 8. Juli 2013

Am tiefsten Bohrloch der Welt: Die Forschung geht weiter

Windischeschenbach (obx) - Es ist bis heute eines der spektakulärsten Forschungsprojekte der Wissenschaftsgeschichte: Die Kontinentale Tiefbohrung (KTB) bei Windischeschenbach in der nördlichen Oberpfalz. Dort haben Geologen mit dem mit 83 Metern höchsten Bohrturm der Welt über vier Jahre lang das immer noch tiefste offene Bohrloch der Erde in hartem Gestein geschaffen. Auch knapp zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Bohrung geht die Forschung am Bohrloch weiter - mit Messgeräten in einer Tiefe, wo das Gestein bei Temperaturen um die 300 Grad bereits flüssig wird.

Viele Antworten auf offene Fragen erhoffen sich die Forscher noch von ihren Vorstößen in das Erdinnere. Dabei geht es neben Grundlagenforschung auch um sehr praktische Probleme: Wie lässt sich beispielsweise Geothermie, also die schier unerschöpfliche Wärme aus dem Erdinneren, für die Heizung von Häusern nutzen?

Regelmäßig werden Messgeräte aus anderen Tiefbohrprojekten rund um den Globus in das Oberpfälzer Bohrloch gelassen, um sie unter realen Bedingungen zu testen. Mit Hilfe der Vergleichsdaten aus der alten Bohrung können die Hightech-Instrumente richtig eingestellt werden, erklärt Geologe Dr. Frank Holzförster, Wissenschaftlicher Leiter des Geozentrums an der Kontinentalen Tiefbohrung.

Dass die aufsehenerregende Bohrung 1987 ausgerechnet in der Oberpfalz begonnen wurde, war kein Zufall. Denn hier stießen vor etwa 320 Millionen Jahren die Urkontinente Eurasien und Afrika aufeinander. Die Bohrung an der Nahtstelle der beiden Kontinentalplatten versprach nicht nur aufregende Erkenntnisse. Sie war auch eine enorme technische Pionierleistung.

Trotz intensiver Vorbereitung versagten in 7.000 Metern Tiefe, bei glühend heißen 220 Grad, die Akkus der Bohrer-Steuerung ihren Dienst. Die Folge: der Bohrer kam etwa 300 Meter seitlich von seiner Bahn ab. Nach 1.468 Bohrtagen blieb er 1994 schließlich in 9.101 Metern Tiefe stecken.

Für die Forscher war das Projekt dennoch ein voller Erfolg. Die bei 278 Grad Hitze gewonnenen Gesteinsproben lieferten viele Erkenntnisse über die Abläufe im Erdinneren. Heute ist das Bohrloch in der Oberpfalz Teil eines internationalen kontinentalen Tiefbohrprogramms.

Nicht nur für Wissenschaftler aus aller Welt, auch für Touristen ist die Kontinentale Tiefbohrung in der Oberpfalz ein lohnendes Ziel. Im Geozentrum neben dem Bohrturm wird jährlich rund 25.000 Besuchern mit anschaulichen Ausstellungen der Planet Erde erklärt. Auf einer Führung mit Sicherheitshelm kann man den Bohrturm und seine faszinierende Technik hautnah erleben.

Auch die Umgebung der Forschungsstätte bietet zahlreiche geologische Sehenswürdigkeiten. Das Geozentrum ist ein Partner des Bayerisch-Böhmischen Geoparks, der mit seinen Rangern auch in der Umgebung der Bohrstelle spannende Exkursionen anbietet.

Mehr im Internet: http://www.geozentrum-ktb.de und http://www.geopark-bayern.de