Mittwoch, 24. Juli 2013

Das wechselhafte Leben der Sterne

Aus: Spektrum der Wissenschaft, August 2013


Heidelberg. Spektakuläre physikalische Ereignisse gehen der Geburt eines neuen Sterns voraus. Erst allmählich verstehen die Astronomen, welche komplexen Prozesse die Lichtquellen des Universums antreiben.

Der Nachthimmel ist nicht nur wunderschön – er ist auch aus wissenschaftlicher Sicht hochinteressant. Allein in unserer Galaxie gibt es mindestens 100 Milliarden Sterne. Die Vorgänge bei ihrem Entstehen und Vergehen sind enorm komplex und sind nicht zuletzt auch der Grund für unsere eigene Existenz: Erst die Kernfusionen im Innern der Sterne reicherten das Universum mit schweren Elementen an. Ohne Sterne gäbe es keine Planeten mit festen Oberflächen – und erst recht kein Leben. "Wir sind aus Sternenstaub geboren", schreibt daher Ralf Launhardt in der Augustausgabe von "Spektrum der Wissenschaft".

Der Wissenschaftler vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie berichtet in seinem Artikel von den neuesten Erkenntnissen der Forscher über das Werden und Vergehen der Sterne. Doch viele Fragen sind auch noch offen. Bevor ein Stern sein langes, vergleichsweise ruhiges Leben beginnt – unsere Sonne scheint seit etwa fünf Milliarden Jahren und wird das noch ebenso lange weiterhin tun – durchläuft er in rascher Folge spektakuläre Verwandlungen. Eine gewaltige Gaswolke kollabiert unter ihrer eigenen Schwerkraft, dabei erzeugt die Reibung der einstürzenden Materie viel Wärme, enorme Fliehkräfte entstehen und Stoßwellen und Magnetfelder durchwirbeln eine gigantische Scheibe aus Staub und Gas. Astronomen verstehen erst ansatzweise, welche physikalischen Mechanismen dabei wirken. Moderne Supercomputer und Teleskope könnten Abhilfe schaffen, doch bis heute sind die Details der Sternentstehung eines der größten Rätsel der Astronomie.

Zum Hintergrund: Wenn aus dem dünn und großräumig verteilten interstellaren Gas ein neuer Stern entstehen soll, muss es sich um Größenordnungen, die weit jenseits unserer Vorstellungskraft liegen, verdichten. Das macht es schwierig, die beteiligten Prozesse zu modellieren. So müssen diese Vorgänge beispielsweise verhindern, dass die rasend schnell rotierende Materiewolke durch die enormen Kräfte zerrissen wird, lange bevor Dichte und Temperatur im Inneren ausreichen, einen neuen Stern zu bilden. Immer mehr Prozesse während der Sternentstehung können Astronomen mit leistungsfähigen Teleskopen beobachten, doch vieles ist noch rätselhaft. Unter anderem, wie sich – gewissermaßen als Nebenprodukt – überhaupt Planetensysteme bilden können.

Erst, wenn die Temperatur im Inneren des beständig schrumpfenden jungen Sterns schließlich mehrere Millionen Grad erreicht, setzt eine Kernfusionsreaktion ein, bei der Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen – das so genannte Wasserstoffbrennen. Dann stellt sich in der leuchtenden Gaskugel ein stabiles Gleichgewicht aus Gravitation und Gasdruck ein: Ein neuer Stern ist geboren.

Am Ende seines Lebens steht der Stern wiederum vor gewaltigen Veränderungen, wenn die Kernfusionsquellen im Inneren versiegen und der ausgebrannte Kern ein letztes Mal kollabiert. Dabei wird er zu einem Gebilde mit unvorstellbar hoher Dichte: zum Weißen Zwerg, zum Neutronenstern oder zum Schwarzen Loch. In einer letzten Explosion stößt er seine verbliebene Gashülle zurück in den interstellaren Raum – als Ausgangsmaterial für neue Sterne.