Montag, 9. Dezember 2013

Freie Bahn für die Donau- und Mainfische - wer zahlt?

30.000 Stauwehre in Bayern müssen laut EU-Vorgaben fischdurchlässig werden. Die Finanzierung ist ungewiss. An Donau und Main wurde bereits Millionen investiert. Die teuersten Fischbypässe gibt es an der Donau.

Regensburg (obx) - Bayern setzt auf die Energiewende. Wasserkraft soll beim Umstieg auf erneuerbare Energiequellen eine Schlüsselrolle spielen. Nach dem Wegfall des Reizthemas Kernenergie haben jetzt allerdings die Umweltschützer die Wasserkraft als angeblich umweltbelastend ins Visier genommen. Oft wiederholte Behauptung: die 30.000  Stauwehre und Wasserkraftwerke in Bayern sind Fischkiller und oft unüberwindbare Hindernisse für die Fischwanderung. Bei genauem Hinsehen aber zeigt sich, dass  bei den Behauptungen über Fischgemetzel in Turbinen oder Verarmung der Wasserfauna je nach Interessenlage oft Polemik den Ton angibt. Fakt ist: Im Freistaat wurden in den letzten Jahren dreistellige Millionenbeträge investiert, um Bayerns wichtigste Wasserläufe für Fische passierbar zu machen.

Neuartige Borsten-Fischbarrieren zum Preis von 300.000 Euro pro Stück geben den Fischen dabei Aufstiegssicherheit und Strömungsschatten zum Ausruhen. An anderen Schleusen werden die Sportbootschleusen, die normalerweise nur sporadische  geöffnet sind, für die Fische das ganze Jahr über als "Transferstrecke" offengehalten, zu Lasten der Kraftwerksleistung.

Im Kraftwerk Jochenstein bei Passau gibt es zwar bereits eine Fischtreppe, aber auch dort ist jetzt für die Fische, vor allem für Sterlett und Huchen, eine vier Kilometer lange und Millionen teure Umgehungsrinne geplant. Das Planfeststellungsverfahren läuft.

Wie viele Fische die Aufstiegshilfen tatsächlich nutzen und passieren, wissen weder Naturschützer noch Fischer oder Kraftwerksbetreiber an der Donau. Auch über die Zahl der Fische, die angeblich in Turbinen zermetzelt werden gibt es nur "Bauchzahlen".

Beklagt wird von den Naturschützern, dass etwa die Störe in der Donau wegen der unüberwindbaren Stauhindernisse auf ihrer Wanderung vom Schwarzen Meer nach Bayern gehindert würden. Fakt allerdings ist:  Unüberwindbar ist die Donau für die Wanderfische aus dem Schwarzen Meer vor allem durch das Stauwehr Eisernes Tor I in Rumänien und auch eine Vielzahl von Querverbauungen in den anderen osteuropäischen Ländern flussaufwärts. Weder bayerische Behörden noch die Betreiber der bayerischen Kraftwerke haben darauf einen Einfluss.

Ein Politikum ist das Thema Fischhindernisse durch Kraftwerke vor allem seit Jahren auf dem Main. Hier sind durch neue Techniken und hohe Investitionen heute 150 Kilometer des Mains fischdurchgäng. Im Fokus steht vor allem der Aal als Leitfisch, der freie Bahn braucht, um zum Laichen in die 5000 km entfernte Saragossasee zu schwimmen. Unterschiedlichste Techniken in Unterfranken werden heute zur Umgehung der Schleusen eingesetzt: von so genanten Zick-Zack-Rohren bis zu den Borsten-Fischbarrieren.

Parallel dazu hat sich die Rhein-Main-Donau AG zu einem "aalschonenden" Betrieb der Kraftwerke entschossen. Dazu werden die Wehre während der Hauptwanderzeit der Aale um 20 Zentimeter angehoben. 50 Prozent des Mainwassers strömt dabei dann - auf Kosten der Stromproduktion - für Fische problemlos passierbar an den Turbinen vorbei. Gleichzeitig wird die Turbinenleistung der Kraftwerksanlagen gedrosselt, damit die Fische die Strömung leichter überwinden können.

Die Naturschützer aber fordern mehr: Sie wollen, dass in den 34 Wasserkraftwerken am Main ständig neun Kubikmeter Wasser für die Fische umgeleitet wird, der Leistungsverlust entspricht der Stromerzeugung von zwei großen Wasserkraftwerken. Ohne dass jemand weiß, ob die Erhöhung der umgeleiteten Wassermengen irgend etwas bringt, sagen Insider. In der Vergangenheit waren die künstlichen Barrieren für einige Mainfischer ein glänzendes Geschäft. Wochenlang waren sie im Auftrag der Kraftwerkseigner beschäftigt, die wandernden Aale zu fangen und gegen entsprechende Entlohnung flussaufwärts wieder in den Main zu setzen. Verkauft werden dürfen die Mainaale wegen ihrer Schadstoffbelastung sowieso nicht mehr. Mittlerweile sind im Zuge der Aufstiegshilfen Zählrohre für die Aalwanderung eingesetzt. Die von den Fischern in den letzten Jahren nach eigenen Angaben umgesetzten 6000 Kilogramm Wanderaale haben sich seit Einbau der automatisch arbeitenden Zählmaschinen wundersam auf die Hälfte reduziert.

Grundsätzlich stehen die Kraftwerksbetreiber und auch die staatlichen Behörden aktuell vor dem Problem, Fehler beim Bau von Fischtreppen, die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gemacht wurden, auszubügeln zu müssen. Die meisten dieser alten Bypässe funktionieren nicht, weil sie zu steil oder an der falschen Flussseite eingebaut wurden.

Die Europäische Union hat den Mitgliedsstaaten vorgegeben, bis 2020 die Fischdurchgängigkeit der Flüsse und Wasserläufe sicherzustellen. Auch in Bayern ist eigentlich der Freistaat und sind nicht die Kraftwerksbetreiber verantwortlich, die Flüsse für die Fische passierbar zu machen. "Wie diese EU-Vorgaben angesichts von 300.000 existierenden Quersperren in bayerischen Wasserläufen finanziert und umgesetzt werden soll, weiß derzeit niemand", heißt es seitens der Rhein-Main-Donau AG.