30.000 Stauwehre in Bayern müssen laut
EU-Vorgaben fischdurchlässig werden. Die Finanzierung ist ungewiss. An
Donau und Main wurde bereits Millionen investiert. Die teuersten
Fischbypässe gibt es an der Donau.
Regensburg (obx) - Bayern
setzt auf die Energiewende. Wasserkraft soll beim Umstieg auf
erneuerbare Energiequellen eine Schlüsselrolle spielen. Nach dem Wegfall
des Reizthemas Kernenergie haben jetzt allerdings die Umweltschützer
die Wasserkraft als angeblich umweltbelastend ins Visier genommen. Oft
wiederholte Behauptung: die 30.000 Stauwehre und Wasserkraftwerke in
Bayern sind Fischkiller und oft unüberwindbare Hindernisse für die
Fischwanderung. Bei genauem Hinsehen aber zeigt sich, dass bei den
Behauptungen über Fischgemetzel in Turbinen oder Verarmung der
Wasserfauna je nach Interessenlage oft Polemik den Ton angibt. Fakt ist:
Im Freistaat wurden in den letzten Jahren dreistellige Millionenbeträge
investiert, um Bayerns wichtigste Wasserläufe für Fische passierbar zu
machen.
Neuartige Borsten-Fischbarrieren zum Preis von 300.000
Euro pro Stück geben den Fischen dabei Aufstiegssicherheit und
Strömungsschatten zum Ausruhen. An anderen Schleusen werden die
Sportbootschleusen, die normalerweise nur sporadische geöffnet sind,
für die Fische das ganze Jahr über als "Transferstrecke" offengehalten,
zu Lasten der Kraftwerksleistung.
Im Kraftwerk Jochenstein bei
Passau gibt es zwar bereits eine Fischtreppe, aber auch dort ist jetzt
für die Fische, vor allem für Sterlett und Huchen, eine vier Kilometer
lange und Millionen teure Umgehungsrinne geplant. Das
Planfeststellungsverfahren läuft.
Wie viele Fische die
Aufstiegshilfen tatsächlich nutzen und passieren, wissen weder
Naturschützer noch Fischer oder Kraftwerksbetreiber an der Donau. Auch
über die Zahl der Fische, die angeblich in Turbinen zermetzelt werden
gibt es nur "Bauchzahlen".
Beklagt wird von den Naturschützern,
dass etwa die Störe in der Donau wegen der unüberwindbaren
Stauhindernisse auf ihrer Wanderung vom Schwarzen Meer nach Bayern
gehindert würden. Fakt allerdings ist: Unüberwindbar ist die Donau für
die Wanderfische aus dem Schwarzen Meer vor allem durch das Stauwehr
Eisernes Tor I in Rumänien und auch eine Vielzahl von Querverbauungen in
den anderen osteuropäischen Ländern flussaufwärts. Weder bayerische
Behörden noch die Betreiber der bayerischen Kraftwerke haben darauf
einen Einfluss.
Ein Politikum ist das Thema Fischhindernisse
durch Kraftwerke vor allem seit Jahren auf dem Main. Hier sind durch
neue Techniken und hohe Investitionen heute 150 Kilometer des Mains
fischdurchgäng. Im Fokus steht vor allem der Aal als Leitfisch, der
freie Bahn braucht, um zum Laichen in die 5000 km entfernte Saragossasee
zu schwimmen. Unterschiedlichste Techniken in Unterfranken werden heute
zur Umgehung der Schleusen eingesetzt: von so genanten Zick-Zack-Rohren
bis zu den Borsten-Fischbarrieren.
Parallel dazu hat sich die
Rhein-Main-Donau AG zu einem "aalschonenden" Betrieb der Kraftwerke
entschossen. Dazu werden die Wehre während der Hauptwanderzeit der Aale
um 20 Zentimeter angehoben. 50 Prozent des Mainwassers strömt dabei dann
- auf Kosten der Stromproduktion - für Fische problemlos passierbar an
den Turbinen vorbei. Gleichzeitig wird die Turbinenleistung der
Kraftwerksanlagen gedrosselt, damit die Fische die Strömung leichter
überwinden können.
Die Naturschützer aber fordern mehr: Sie
wollen, dass in den 34 Wasserkraftwerken am Main ständig neun Kubikmeter
Wasser für die Fische umgeleitet wird, der Leistungsverlust entspricht
der Stromerzeugung von zwei großen Wasserkraftwerken. Ohne dass jemand
weiß, ob die Erhöhung der umgeleiteten Wassermengen irgend etwas bringt,
sagen Insider. In der Vergangenheit waren die künstlichen Barrieren für
einige Mainfischer ein glänzendes Geschäft. Wochenlang waren sie im
Auftrag der Kraftwerkseigner beschäftigt, die wandernden Aale zu fangen
und gegen entsprechende Entlohnung flussaufwärts wieder in den Main zu
setzen. Verkauft werden dürfen die Mainaale wegen ihrer
Schadstoffbelastung sowieso nicht mehr. Mittlerweile sind im Zuge der
Aufstiegshilfen Zählrohre für die Aalwanderung eingesetzt. Die von den
Fischern in den letzten Jahren nach eigenen Angaben umgesetzten 6000
Kilogramm Wanderaale haben sich seit Einbau der automatisch arbeitenden
Zählmaschinen wundersam auf die Hälfte reduziert.
Grundsätzlich
stehen die Kraftwerksbetreiber und auch die staatlichen Behörden aktuell
vor dem Problem, Fehler beim Bau von Fischtreppen, die bereits Anfang
des 20. Jahrhunderts gemacht wurden, auszubügeln zu müssen. Die meisten
dieser alten Bypässe funktionieren nicht, weil sie zu steil oder an der
falschen Flussseite eingebaut wurden.
Die Europäische Union hat
den Mitgliedsstaaten vorgegeben, bis 2020 die Fischdurchgängigkeit der
Flüsse und Wasserläufe sicherzustellen. Auch in Bayern ist eigentlich
der Freistaat und sind nicht die Kraftwerksbetreiber verantwortlich, die
Flüsse für die Fische passierbar zu machen. "Wie diese EU-Vorgaben
angesichts von 300.000 existierenden Quersperren in bayerischen
Wasserläufen finanziert und umgesetzt werden soll, weiß derzeit
niemand", heißt es seitens der Rhein-Main-Donau AG.