Dienstag, 7. Januar 2014

"Mordsgeschichten" aus dem bayerischen Burgenland

Ostbayerns Burgen und Ruinen locken mit eindrucksvollen Dimensionen und malerischen Ausblicken, vor allem aber auch mit Geistern und Gespenstern, Hunderttausende von Touristen nach Niederbayern und in die Oberpfalz.

Leuchtenberg (obx) - Der Landgraf auf Burg Leuchtenberg in der Oberpfalz hatte einst seine eigene Tochter in einer Nische des Burgwalles einmauern lassen, weil sie ein Techtelmechtel mit einem Knappen hatte. Was aus ihr geworden ist, weiß bis heute niemand. Nur, dass sie auch heute noch regelmäßig durch die Burggemächer geistert. Das Gespenst von Leuchtenberg ist eine der vielen gruseligen Attraktionen, die Ostbayern den Freunden von Geister- und Mordgeschichten aus alten Zeiten in seinen so zahlreichen Burgen, Schlössern und Ruinen zu bieten hat.

Vor allem die Oberpfalz wartet mit sage und schreibe 66 Burgruinen und 17 voll erhaltenen Burgen und Schlössern auf. In Niederbayerns etwas weniger dicht gesäten Burgenlandschaft finden sich zwei Orte, die das Publikum anziehen: Das Schloss Hexenagger südlich von Riedenburg mit seinem romantischen Weihnachtsmarkt und die Burg Hilgartsberg bei Vilshofen, die alljährlich die Burgweihnacht bietet. Hexenagger verlockt übrigens zur adventlichen Einkehr ins Wirtshaus, das bezeichnenderweise "Zum Rauschgoldengel" heißt.

Die Ruinen und Schlösser im Burgenland Ostbayern sind zweifelsohne das ganze Jahr über eine Reise wert. Die Burg Leuchtenberg zum Beispiel zwischen Oberviechtach und Weiden als Sitz eines der wichtigsten Adelsgeschlechter im Nordgau und als eine der am besten erhaltenen und bedeutendsten Ruinen in der gesamten Oberpfalz. Sie thront nicht nur mit wunderschöner Aussicht über den Höhen des Oberpfälzer Waldes - sie hat auch eine Reihe von Geschichten zu erzählen.

Etwa die der böhmischen Fürstentochter, die von ihrem väterlichen Hof floh, nachdem sie zum Christentum bekehrt war und einen ebenfalls bekehrten Ritter traf, der ihr die Burg Leuchtenberg erbaute - als Sinnbild für das Licht des Christentums, das den beiden ihre spirituelle Finsternis erleuchtet hatte. Oder die eines Landgrafen, der seine Bauern zwang, ihm einen riesigen Teich auszuheben. Die harte Fron überlebten mehrere Bauern nicht. Und zur Strafe soll der Landgraf noch heute manchmal nachts in Gesellschaft des mit Eisenketten rasselnden Teufels rund um den Teich galoppieren.

Aber nicht nur Geschichten, sondern auch atemberaubende Ausblicke auf die schönsten Landschaften der Oberpfalz und Niederbayerns bieten die Burgen. Sie halten Museen und Kirchen für stille Besinnung bereit, für leibliche Gelüste dagegen Restaurants und Schenken und für alle, die auf Gänsehaut-Feeling stehen, dunkle Verliese und Folterkammern.

Die Burg Trausnitz bei Landshut führt ihre Besucher auf Nachtwächter-Tour mit Hellebarde, Laterne und Horn. Kinder erleben im Burgverlies die Folterkammer und das Ritterklo. Das soll überhaupt nicht ablenken von der großen historischen und kulturellen Bedeutung der Burg, die als eine der ältesten Wittelsbacher-Residenzen auch einst Minnesänger wie Walther von der Vogelweide und Thannhäuser beherbergte, und auf der Herzog Ludwig die erste bayerische Staatskanzlei betrieb. Heute gibt die Burg einen beliebten Rahmen ab für romantische Eheschließungen. Sicher auf Wunsch der Braut der Name Trausnitz bedeutet nämlich auf Neuhochdeutsch ungefähr: "Wag sie nicht zu schlagen!"

Wo fängt man an, wenn man Burgenfan ist? Bei der Burg Falkenstein im vorderen Bayerischen Wald, zwischen Regensburg und Cham? Das ist jedenfalls eine der am besten erhaltenen Burgen, inklusive Hotel, Jagdmuseum und sommerlichem Theaterfestival. Oder bei der Ruine Kürnberg bei Stamsried - einer der jüngsten Burgengründungen des späten Mittelalters. Auch die Burgruine Runding östlich von Cham ist nicht ohne.

Ebenso wenig wie die Ruine Stockenfels bei Maxhütte-Haidhof: Sie war einst Sitz berüchtigter Raubritter. Angeblich wurde der Ritter Kunz Schott im 16. Jahrhundert wegen Raubes und Mordes in Ansbach einen Kopf kürzer gemacht. Offenbar reichte das Köpfen als Buße aber nicht, denn immer noch geistert es auf der Ruine. Aber da sollen auch die Seelen betrügerischer Bierbrauer und Kellnerinnen dem Spuk mit im Spiel sein, weil sie ihre einstigen verwerflichen Schankgewohnheiten noch heute durch nächtliches Steinewerfen, Seufzen und Stöhnen abbüßen müssen.