Dienstag, 21. Januar 2014

Unruhige Sonne verursacht geomagnetische Stürme und Polarlichter

Aus: Sterne und Weltraum, Februar 2014

Heidelberg. Neben Licht unterschiedlicher Wellenlängen sendet unsere Sonne einen beständigen Strom elektrisch geladener Teilchen aus. Doch dieser "Sonnenwind" weht keinesfalls gleichmäßig: Mit ihm laufen Störungen durch den interplanetaren Raum, die das schützende Erdmagnetfeld beeinflussen. Vor allem in der Folge energiereicher Ausbrüche auf der Sonne können diese Störungen so stark sein, dass sie auch bei uns sichtbare Polarlichter auslösen.

Unsere Sonne ist weit mehr als nur eine leuchtende Kugel aus heißem Gas. Sie ist von einem ausgedehnten Magnetfeld mit komplexen Strukturen umgeben, die sich ständig verändern und oft weit in den umgebenden Weltraum hinausreichen. Aber auch dabei bleibt es nicht: Das Magnetfeld des Tagesgestirns ist ständigen Änderungen unterworfen.

Dabei können enorme Energien freigesetzt werden, wobei elektrisch geladene Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt und in den Weltraum katapultiert werden. Solche "koronalen Massenauswürfe", die in der äußeren Atmosphäre der Sonne entstehen, können die Struktur des Sonnenwinds beeinflussen und das Erdmagnetfeld stören. "Der zurückliegende 23. Aktivitätszyklus der Sonne wurde von Forschungssonden und erdgebundenen Observatorien komplett beobachtet. Das umfassende Datenmaterial ermöglicht erstmals genaue Aussagen zu den Ursachen geomagnetischer Stürme", sagt der Physiker Michael Hunnekuhl. Seine astronomischen Interessenschwerpunkte liegen in der Polarlichtforschung und Planetologie.


Im Februar-Heft der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" gibt der Experte einen ausführlichen und aktuellen Überblick über die energiereichen Ausbrüche auf der Sonne, die das Erdmagnetfeld stören können. Innerhalb des zurückliegenden 23. Sonnenzyklus wurden elf intensive geomagnetische Stürme beobachtet. "Auch in den kommenden Jahren ist mit solchen Ereignissen zu rechnen, die im deutschen Sprachraum sporadisch Polarlichter hervorrufen werden", resümiert Hunnekuhl.

Die Überwachung der Sonne lohnt sich, weil ihre Aktivität die Achillesverse unserer hochtechnisierten Zivilisation treffen kann: Ein direkt zur Erde gerichteter koronaler Massenauswurf kann Telekommunikationssatelliten und empfindliche elektronische Geräte stören. Während sehr starker geomagnetischer Stürme treten großflächige Stromausfälle auf, wie beispielsweise im Herbst 2003 in Schweden und im März 1989 in Kanada.

Zum Hintergrund: Im äußersten Teil der Sonnenatmosphäre, der Korona, setzen großflächige Neuverknüpfungen magnetischer Feldlinien enorme Energiemengen frei und katapultieren elektrisch geladenes Gas – so genanntes Plasma – mit einer Geschwindigkeit von bis zu 3000 Kilometern pro Sekunde in den interplanetaren Raum. Solche Ereignisse werden als koronale Massenauswürfe (englisch: coronal mass ejections, CME) bezeichnet. In zeitlicher Nähe zu einem Massenauswurf wird oftmals auch ein Aufblitzen von Strahlung innerhalb der Sonnenatmosphäre beobachtet, das Experten als "Flare" bezeichnen. Einige dieser Strahlungsausbrüche sind so energiereich, dass sie sich im gesamten elektromagnetischen Spektrum, vom Radiowellenbereich bis zur Gammastrahlung, nachweisen lassen.


Die äußere Grenze des Erdmagnetfelds, die "Magnetopause", wirkt wie ein Schutzschild gegen anströmende elektrisch geladene Partikel. Der überwiegende Teil von ihnen wird am Erdmagnetfeld vorbei gelenkt. Mitunter können jedoch starke Druckstöße im Sonnenwind die Magnetopause soweit in Richtung zur Erde verlagern, dass sie zeitweise innerhalb der Umlaufbahn geostationärer Satelliten liegt. Die nun außerhalb der Magnetopause umlaufenden Satelliten sind den hochenergetischen Teilchen des Sonnenwinds ungeschützt ausgesetzt.

Die mit dem verstärkten Einströmen des Sonnenwinds einhergehenden Schwankungen des Erdmagnetfelds werden als geomagnetische Stürme bezeichnet. Sie rufen starke Stromflüsse in der oberen Atmosphäre hervor, die Satellitennavigationssysteme wie das Global Positioning System (GPS) und Funkverbindungen beeinflussen. In den Polarlichtzonen und ihrer Umgebung werden darüber hinaus in ausgedehnten Strom-, Pipeline- und auch Eisenbahnnetzen erhebliche Stromflüsse induziert.

Die Aktivität der Sonne schwankt mit einer durchschnittlichen Periode von rund elf Jahren. Derzeit befindet sich die Sonne in einem Aktivitätsmaximum, das jedoch im Vergleich zu den vorhergehenden Sonnenzyklen des 20. Jahrhunderts deutlich schwächer ausgeprägt ist. Während Polarlichter innerhalb Europas in Island und Nordskandinavien in allen Phasen des Sonnenzyklus beinahe alltägliche Phänomene am wolkenfreien Nachthimmel sind, treten sie im deutschen Sprachraum gehäuft im Aktivitätsmaximum und in den Jahren danach auf.

Weitere Informationen: Hunnekuhl, M.: Wie der Sonnenwind weht. Teil 1: Sterne und Weltraum 2/2014, S. 72 – 82. Teil 2 erscheint in Sterne und Weltraum 3/2014