Branchiosaurier Apateon pedestris und Holzrest - Foto: Ernst Probst
Wiesbaden (internet-zeitung) – Rund 50 Millionen Jahre früher als die ersten
großen Dinosaurier lebten die kleinen Saurier der Art Apateon pedestris im
älteren Abschnitt der Permzeit vor etwa 290 Millionen Jahren in Süßwasserseen
von Deutschland. Diese Saurier im Miniformat haben maximal die Dimension eines
menschlichen Fingers. Wegen ihrer Kiemenbündel werden sie als Branchiosaurier
(Kiemensaurier) bezeichnet. Zeitgenossen der kaum zehn Zentimeter erreichenden
Branchiosaurier der Art Apateon pedestris waren bis zu 3 Meter lange
Süßwasserhaie und maximal 2 Meter große räuberische Lurche (Sclerocephalus
haeuseri).
Fossile Reste von Branchiosauriern wurden bis 1986 in der
Pfalz gerne von Sammlern gesucht, geborgen und präpariert. Doch dann hat man in
jenem Jahr die Fundstätten der kleinen Saurier sowie anderer Fossilien in
Rheinland-Pfalz geschützt. Seitdem sind von den uralten Sauriern aus der
Permzeit in der Pfalz keine Neufunde mehr zu erwarten.
Trotzdem tauchen im Fossilienhandel, bei Fossilienbörsen, in
Online-Shops wie
http://fossilien-onlineshop.net und in Internet-Auktionshäusern immer
wieder erstaunlich gut erhaltene Branchiosaurier aus der Pfalz auf. Dabei
handelt es sich um Altfunde vor 1986, die bis vor kurzem in Privatsammlungen
oder in Lagern von Fossilienhändlern aufbewahrt wurden und jetzt wieder in den
Markt gelangten.
Die Besitzer von Branchiosauriern geben ihre Exemplare aus
sehr unterschiedlichen Gründen ab. Manchmal haben die Kinder eines Sammlers,
der in jungen Jahren Fossilien suchte und barg, kein Interesse an diesen Zeugen
der Erdgeschichte. Dann verkaufen entweder die ins Rentenalter gekommenen
Sammler oder ihre Erben die Branchiosaurier. Manche Sammler geben im Alter auch
selbst ihr Hobby auf oder wollen Dubletten loswerden oder in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten wie den gegenwärtigen die Haushaltskasse aufbessern.
An manchen Branchiosauriern sind interessante Details wie
Zähne, Hautschatten des Körpers und des langen Schwanzes, Kiemenbündel und
Extremitäten mit vier oder fünf Fingern zu erkennen. Auf etlichen Platten
liegen sogar zwei oder mehr Branchiosaurier, was sich in merklich höheren
Preisen niederschlägt. Besonders häufig wechseln Branchiosaurier der Art
Apateon pedestris den Besitzer, die 1844 von dem verdienstvollen
Wirbeltierpaläontologen Hermann von Meyer aus Frankfurt am Main beschrieben
wurde.
Branchiosaurier sind gegenwärtig die preiswertesten
Urzeit-Saurier aus Deutschland. Branchiosaurier kamen bisher in
Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen sowie in Frankreich zum Vorschein.
Es wird wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis fast gar
keine Branchiosaurier aus Odernheim am Glan, Jeckenbach, Callbach oder anderen
deutschen Fundorten in den Handel kommen. Da auch in anderen Ländern die Suche
nach Fossilien und deren Ausfuhr immer öfter verboten werden, wird eines Tages
vielleicht sogar weltweit kein einzige Saurierart mehr in eine Privatsammlung
gelangen.
Branchiosaurier sind keine Kriechtiere (Reptilien) wie die
prähistorischen Riesenechsen. Unter dem Begriff Branchiosaurier fasst man eine
größere Gruppe verschiedener Gattungen und Arten in ihrer Gestalt ähnlicher
Tiere (Branchiosaurier im weiteren Sinne) zusammen. Mit dem Begriff
Branchiosaurier bezeichnet man aber auch die gut definierte Gattung Branchiosaurus (Branchiosaurier im eigentlichen Sinn). Zu
deutsch heißt Branchiosaurier "Kiemenechse": griechisch
"branchio" = Kiemen, "saurus" = Echse.
Branchiosaurier gehören zu den Amphibien (sowohl im Wasser
als auch an Land lebende Tiere). Man kennt Exemplare von nur wenigen
Zentimetern Länge (wie Apateon pedestris) bis zu höchstens 20 Zentimeter Länge
(wie Micromelerpeton credneri), die in Gestalt und Größe heutigen Molchen
ähneln. Funde liegen aus dem Erdaltertum zwischen der Karbonzeit und der Permzeit
vor. Die meisten und heute am besten untersuchten Formen existierten im Unterperm oder Rotliegenden (benannt nach der
rötlichen Gesteinsfarbe), was dem
Zeitraum von etwa 290 bis 245 Millionen Jahren vor heute entspricht.
Von Branchiosauriern im weiteren Sinn sind nur Larvenstadien
überliefert. Alle gefundenen Exemplare besitzen ein nur wenig verknöchertes
Skelett und äußere Kiemen mit Kiemenzähnchen. Sie haben einen breiten, kurzen
Schädel. Hinter einer kurzen, flach gerundeten Schnauze liegen extrem große
Augen. Zu beiden Seiten des Kopfes befinden sich Kiemenbündel. Die Vorderbeine
besitzen in der Regel 4 und die Hinterbeine 5 Zehen. Der Schwanz ist an den
Seiten abgeplattet und hat einen Flossensaum. Die kräftige Bezahnung des
Kiefers zum Beispiel von Branchiosaurus im eigentlichen Sinne mit zusätzlichen
Fangzahnpaaren weist darauf hin, dass sich dieser sich von kleineren, im Wasser
lebenden Tieren ernährt hat.
Die Branchiosaurier gingen nicht - wie heutige Salamander -
nach einer Metamorphose zu einer terrestrischen Lebensweise über. Alle
Branchiosaurier verharrten ihr Leben lang im Larvenstadium, entwickelten als
Larven Merkmale von erwachsenen Tieren (beispielsweise Gliedmaßen) und
pflanzten sich auf dieser Entwicklungsstufe fort. Dieses als Neotonie
bezeichnete Verhalten ermöglichte ihnen ein uneingeschränktes Verweilen im
Wasser. In der Gegenwart existiert nur noch ein einziger Molch, der in Mexiko
heimische Axolotl, der sich auf der Entwicklungsstufe der Larven fortpflanzt.
Als eine der bedeutendsten Fundstellen von Branchiosauriern gilt
Odernheim am Glan in Rheinland-Pfalz. Diese Fundstelle wurde in den 1920-er
Jahren von dem bayerischen Landesgeologen Otto M. Reis entdeckt.
Branchiosaurier im weiteren Sinne kennt man auch aus Thüringen (Friedrichroda),
Sachsen (Döhlener Senke bei Dresden) und Frankreich (Senke von Autun).