Freitag, 8. Mai 2015

30 Jahre Lebertransplantation am Klinikum der Universität München


Im Mai 2015 feiert das Transplantationszentrum München 30 Jahre Lebertransplantation am Klinikum der Universität mit einem Festsymposium. Seit der ersten Lebertransplantation im August 1985 wurden im Klinikum der Universität München mehr als 1.000 Lebern verpflanzt. Mit 61 Lebertransplantationen in 2014 gehört das Lebertransplantationsprogramm am Klinikum der Universität München zu den fünf größten in Deutschland.

Neben der Transplantation von postmortalen Spenderorganen sind die Teillebertransplantation nach Lebendspende und die Kindertransplantation am Klinikum etabliert. Seit vielen Jahren belegt die Lebertransplantation einen Spitzenplatz im deutschlandweiten AQUA Qualitätsvergleich. Während am Klinikum im Durchschnitt 84 Prozent der operierten Patienten das erste Jahr überleben, liegt die Überlebensrate im Bundesdurchschnitt nur bei 65 Prozent. „Neben der Auswahl von Patienten, die von einer Lebertransplantation profitieren können, ist vor allem ein starkes interdisziplinäres Team für den Erfolg von schwierigen Operationen wie einer Lebertransplantation entscheidend“, so Prof. Markus Guba, Chirurgischer Leiter des Lebertransplantationsprogramms. Im entscheidenden Moment der Transplantation müssen alle Beteiligten auf höchstem Niveau zusammenspielen. „Ergänzend zur fortschrittlichen chirurgischen Technik sind es vor allem die bessere Narkoseführung und die Möglichkeiten der Intensivmedizin, die zu einer Verbesserung der Überlebensrate beigetragen haben“, ergänzt Dr. Michael Kaspar, Anästhesiologischer Leiter des Lebertransplantationsprogramms. Zudem haben die psychiatrische und suchttherapeutische Mitbetreuung von Patienten einen wesentlichen Stellenwert für den langfristigen Erfolg der Lebertransplantation. „Durch das Angebot einer regelmäßigen psychosozialen Betreuung können die vielfältigen psychischen Belastungen im Transplantationsverlauf frühzeitig erkannt und reduziert werden. Dies kann zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten wesentlich beitragen“, so PD Dr. Daniela Eser-Valeri, Psychiatrische Leiterin des Lebertransplantationsprogramms.

Durch die enge Verzahnung von Anästhesie, Chirurgie, Hepatologie und Psychiatrie können auch kombinierte Transplantationen wie z.B. Herz-Leber oder Lunge-Leber durchgeführt werden, die in anderen Kliniken nicht möglich sind. Grundlegende Voraussetzung dafür ist die engmaschige und umfassende Betreuung von Patienten mit schweren Lebererkrankungen, bei denen eine Transplantation die letzte Option ist. „Durch neue Behandlungsmethoden vor allem der Hepatitis C können mittlerweile auch Transplantation vermieden werden und Patienten nach einer Lebertransplantation vor der erneuten Infektion mit Hepatitis C und von Lebertumoren geschützt werden“, unterstreicht Prof. Alexander Gerbes, kommissarischer Direktor der Medizinischen Klinik II, Leiter des Lebercentrums und internistischer Leiter des Lebertransplantationsprogramms.

Mit Kooperationen zur umfassenden Absicherung
Auch in Kooperation mit anderen Kliniken garantiert das Transplantationszentrum eine hohe Qualität. Dies zeigt sich u.a. durch die seit Juni 2013 bestehende Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Erlangen, die eine gegenseitige, unabhängige Qualitätskontrolle gewährleistet. Jeder einzelne Fall wird von Transplantationsteams an beiden Standorten besprochen und fallbezogene Daten ausgetauscht. Zusätzlich ermöglicht die offene Zusammenarbeit gegenseitige Ärzte-Hospitationen, gemeinsame experimentelle Forschung und Forschungsanträge.
Seit der Neustrukturierung der Lebertransplantation in Bayern im Sommer 2013 wird in Kooperation mit dem Klinikum rechts der Isar die Behandlung leberkranker Patienten im Endstadium sichergestellt. Diese Vereinbarung setzt seit Bestehen deutschlandweit beispielhafte Standards, die für mehr Transparenz, Effizienz und Sicherheit bei Transplantationen sorgen. Für sogenannte 4plus4 Konferenzen stellt sowohl das Klinikum der Universität München als auch das Klinikum rechts der Isar jeweils vier Experten aus u.a. der Chirurgie, Hepatologie und Anästhesie. In den Konferenzen werden nach den Richtlinien der Bundesärztekammer sämtliche transplantationsrelevanten Entscheidungen getroffen und über die Aufnahme auf die Warteliste entscheiden. Die Ärzte des Klinikums rechts der Isar werden in den gesamten Behandlungsprozess eingebunden und sind direkt an Transplantationen beteiligt.

Weiterentwicklung der Transplantationsmedizin
Die aktuelle Forschung des Transplantationszentrums befasst sich mit der Frage, wie man die wenigen Organspenden möglichst sinnvoll zu Wohle aller Patienten einsetzen kann. Dabei spielt ebenfalls die Frage, wie Organe von schlechterer Qualität, die meist von älteren Organspendern kommen, vorbehandelt und mit Erfolg transplantieren werden können und wie sich ein erneutes Auftreten von Tumoren nach einer Transplantation verhindern lässt. Ein besonderes Problemfeld stellen dabei Ischämie-Reperfusionsschäden dar: Die Leber ist davon aufgrund der hohen Durchblutung besonders betroffen. Um einem massiven Blutverlust vorzubeugen, wird vor der Entnahme der Blutfluss in Pfortader und Leberarterie unterbunden, wodurch das Gewebe geschädigt wird. Ebenso kommt es bei Wiederherstellung der Durchblutung zu Beeinträchtigungen durch freigesetzte Sauerstoffradikale.
Zudem fließt die immer größer werdende Rolle der Telemedizin in die Forschungsarbeiten ein. Mit dem in Planung befindlichen DaHome-Projekt möchte das Klinikum Patienten in ihrer Wartezeit eine App gestützte Mitbetreuung von zu Hause ermöglichen.
Um dem hohen psychosozialen Betreuungsbedarf gerecht zu werden, der mit der erhöhten Prävalenz psychischer Störungen bei Transplantationspatienten verbunden ist, wurde am Klinikum ein modular strukturiertes Gruppentherapieprogramm entwickelt. Dieses wird derzeit wissenschaftlich untersucht. Dabei soll ermittelt werden, welchen Einfluss das Programm auf psychische und posttraumatische Symptome und die psychische Dimension der Lebensqualität von Spendenempfängern hat.