Dienstag, 14. September 2010

Medien: Pornos unter Verdacht

Harte Pornografie kann laut Psychologen die Neigung zu sexueller Gewalt verstärken´

Aus: Gehirn&Geist, Oktober 2010

Anfang 2010 heizte der Sexualforscher Milton Diamond von der University of Hawaii eine alte Diskussion wieder an: Fördert Pornografie die Neigung zu sexueller Gewalt und frauenfeindlichen Einstellungen bei den Konsumenten?

Im Gegenteil, erklärte Diamond: Die vielerorts rückläufigen Quoten von Sexualdelikten habe man der wachsenden Verfügbarkeit von Pornos im Internet zu verdanken. Eine wissenschafltiche Bestandsaufnahme zu dieser umstrittenen Frage veröffentlicht das Magazin Gehirn&Geist in seiner neuen Ausgabe (10/2010).

Entgegen Diamond These glaubt die Mehrheit der Experten nicht an einen "kathartischen Effekt" des Sexguckens. Der vermeintlich segensreichen Wirkung von Pornografie widerspricht zum Beispiel ein Befund des Medienforschers Neil Malamuth und Kollegen von der University of California in Los Angeles. Sie stellten in einer Auswertung verschiedener Feldstudien mit rund 2300 Probanden fest, dass männliche Pornokonsumenten Gewalt gegen Frauen weniger entschieden ablehnen als Männer, die auf Sexfilme weitgehend verzichten. Noch deutlicher sei der Effekt von gewalthaltiger Pornografie.

Ob Pornokonsum die Aggressivität tatsächlich fördert, hängt offenbar davon ab, um welche Art von Darstellung es geht: Gewalthaltige Pornografie weckt mehr Gewaltberetischaft als Sexbildchen – und das trifft vor allem auf Risikogruppen zu. "Männer, die ohnehin zu sexueller Gewalt neigen, lassen sich stärker von Gewaltpornografie beeinflussen", resümierte der Psychologe Michael C. Seto von der University of Toronto, nachdem er und sein Team entsprechende Experimente gesichtet hatten. Die Forscher gehen davon aus, dass der Konsum solcher Filme bei Männern ohne entsprechende Disposition eher wirkungslos bleibe.

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