GEHIRN&GEIST DOSSIER 3/2010
Die Kraft des Sozialen
Mitgefühl, Nachahmung, Kultur
Schon Aristoteles erkannte: Menschen sind durch und durch soziale Wesen. Wir brauchen andere, um glücklich zu sein, uns charakterlich zu entfalten und manchmal auch, um manipulativ unsere Ziele zu verfolgen. Wie sich das Miteinander der Vielen auf den Einzelnen auswirkt, erforschen traditionell Sozialpsychologen.
Aus: Gehirn&Geist, Gehirn&Geist Dossier 3/2010
Erst in jüngerer Zeit begannen immer mehr Hirnforscher, sich für diese Frage zu interessieren – die "soziale Neurowissenschaft" entstand. Deren meistdiskutierte Entdeckung der letzten Jahre war sicherlich die der so genannten Spiegelneurone: Nervenzellen im Gehirn, die es uns ermöglichen, das Verhalten anderer innerlich nachzuvollziehen. Nach Ansicht mancher Forscher bilden sie die Grundlage für Mitgefühl und Sprache.
Das Dossier "Die Kraft des Sozialen" bündelt die wichtigsten G&G-Artikel zu Themen der Sozialpsychologie und sozialen Neurowissenschaft aus den letzten Jahren.
Geistesblitze
Macht ohne Mitgefühl • Ausgekühlt • Kleine Stimmenimitatoren • Verkannte Botenstoffe • Im Sozialstress • Wer sucht, der findet • Vertrauter Anblick • Milieu lässt grüßen • Anti-Samariter-Effekt
Die Entdeckung des Mitgefühls
Intuition, Empathie. Sprache – "Spiegelneurone" sollen neuerdings vieles erklären können. Doch was weiß man wirklich über die verblüffenden Zellen?
Interview: Mit den Fingern denken
Die Grundlagen des inneren Spiegelns erklärt der Hirnforscher Christian Keysers
Meister des Wir
Sozial intelligente Menschen haben im Alltag viele Vorteile. Lässt sich diese Fähigkeit trainieren? Und ob. sagen Psychologen
Gefühle lesen – aber richtig
Um das Mienenspiel anderer korrekt zu deuten, müssen wir die richtige Gesichtspartie in den Blick nehmen, weiß der Ulmer Emotionsforscher Harald Traue
Viel sagende Blicke
Wie schaffen wir es, uns in die Gefühlswelt anderer hineinzuversetzen? Der Kölner Psychiater Kai Vogeley erklärt, wie viel schon die Augen unserer Mitmenschen verraten
Elixier der Nähe
Ob Sex, Sympathie oder Vertrauen – unser soziales Miteinander dirigiert ein Stoff mit erstaunlichen Kräften: Oxytozin. Womöglich kann das "Vertrauenshormon" sogar helfen, Krankheiten zu heilen
Soziale Chamäleons
Wer uns in Gestik, Mimik oder Stimmlage nachahmt, wirkt auf uns sympathisch. Die Psychologen Arnd Florack und Oliver Genschow fanden heraus, dass der "Chamäleon-Effekt" sogar unser Konsumverhalten beeinflusst
Allein
Einsamkeit ist genauso gesundheitsschädlich wie Rauchen, glauben manche Psychologen. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen: Sich isoliert zu fühlen, hat massive Folgen für Körper und Seele
Angst vor den Anderen
Für Soziophobiker wird selbst die netteste Party zum Horrortrip. Eine Verhaltenstherapie macht wieder Lust auf Gesellschaft
Kontaktscheue Neurone
Forscher entschlüsseln mögliche Ursachen von Autismus: Häufig ist die Kommunikation zwischen den Nervenzellen im Gehirn gestört. Schuld daran tragen die Gene, weiß der Biochemiker Nils Brose vom Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen
Interview: "Ein spezieller Zustand"
Sind Autisten krank oder nur ein bisschen anders? Ein Interview mit dem britischen Neuropsychiater Simon Baron-Cohen
Unterschätzte Außenseiter
Sie seien massiv geistig behindert, unfähig, ein erfülltes Leben zu führen – so denken die meisten über Autisten. Doch jenseits aller Klischees zeigen viele Betroffene, was in ihnen steckt
Ein formbarer Geist
Wie prägt die soziale Gemeinschaft den Einzelnen – und seine Hirnprozesse? Diese Fragen stehen im Zentrum der "transkulturellen Neurowissenschaft". Der Psychiater Georg Northoff stellt die junge Forschungsrichtung vor
Interview: "Kultur existiert zwischen Gehirnen"
Der Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs im Gespräch über die neuronalen Grundlagen tradierter Werte und Verhaltensweisen
Nicht bloß für Helden
Eigentlich ist es allen klar: Eingreifen statt Wegsehen ist nötig, um die Solidarität in der Gesellschaft zu erhalten! Doch wie lässt sich zivilcouragiertes Verhalten konkret fördern? Das erklärt die Psychologin Veronika Brandstätter von der Universität Zürich
98 Seiten, ISBN 978-3-941205-58-1, € 8,90