Stammzellen bilden den Ursprung sämtlicher Gewebe des Körpers – manche von ihnen bergen aber auch ein gefährliches Potenzial: Laut neuen Erkenntnissen können bestimmte Wucherungen, darunter auch Hirntumoren, aus so genannten Krebsstammzellen entstehen.
Aus: Gehirn&Geist, Ausgabe 3/2011
Krebs gehört noch immer zu den häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt. Dabei steht die Medizin vielen Krebserkrankungen wie Hirntumoren oft machtlos gegenüber: Chemo- und Strahlentherapien oder auch die chirurgische Entfernung helfen mitunter wenig – der Tumor wächst immer wieder von neuem heran und bildet Metastasen. Für diese Misserfolge sehen der Biologe Boyan Garvalov und der Neuropathologe Till Acker vom Universitätsklinikum Gießen einen wichtigen Grund: Krebsärzte haben sich bislang zu einseitig auf die Bekämpfung der Haupttumormasse konzentriert und dabei eine entscheidende Komponente der Krebsgeschwulst vernachlässigt: die so genannten Krebsstammzellen.
Wie die beiden Forscher in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Gehirn&Geist (Heft 3/2011) berichten, besitzen Krebsstammzellen wie auch andere Stammzellen die Fähigkeit, sich zu vermehren und sich zu differenzierten Zellen weiterzuentwickeln. Sie bilden somit den Keim des Tumors, der immer wieder neu wuchern kann – auch wenn er schon fast gänzlich durch Medikamente oder Röntgenstrahlung vernichtet worden ist. Fatalerweise erweisen sich Krebsstammzellen als äußerst widerstandsfähig gegenüber heutigen Krebstherapien. Die Haupttumormasse geht zwar zu Grunde, aber die Krebsstammzellen überleben und bilden neue Geschwulste.
Die neuen Erkenntnisse eröffnen auch neue Wege im Kampf gegen die Krankheit: Das Wachstum und die Differenzierung der Krebsstammzellen wird über verschiedene molekulare Signalwege gesteuert, die sich durch Medikamente unterbrechen lassen. Mediziner sollten daher gegen Tumoren doppelt vorgehen. Einerseits müssen sie die Krebsstammzellen bekämpfen, andererseits die bereits gewachsenen Geschwülste vernichten.