Dienstag, 5. April 2011

Unterwasserarchäologie - Millionengrab Ostsee

Schon bald wird russisches Gas unter dem Grund der Ostsee nach Deutschland strömen. Beim Verlegen der Pipeline stieß die Betreiberfirma auf zahllose bedeutende Schiffswracks – für die Archäologen ein Glücksfall im doppelten Sinn: Denn für die teure Erforschung und Bergung kommt der Konzern auf.

Aus: epoc, Ausgabe 3/2011

Früher, als alles viel einfacher war, tauchte man zu einem Wrack und kehrte – wenn man Glück hatte – mit einer Schatztruhe voller Gold zurück. Heutzutage ist das Geschäft der Unterwasserarchäologen teuer und aufwändig: Wer ohne finanzkräftigen Partner dasteht, braucht an die Erkundung unter Wasser nicht zu denken. Das weiß auch Göran Ankarlilja. Doch der schwedische Unterwasserarchäologe muss sich um das Geld für seine Arbeit nicht sorgen – vorerst jedenfalls. Seit Ende 2007 erforscht er ein Wrackfeld vor der Küste Gotlands, das so groß ist, dass "für die Erkundung ein Menschenleben bei Weitem nicht ausreicht", sagt Ankarlilja.

Dass er nun schon seine dritte Grabungskampagne abschließen kann, verdankt er Nord Stream, der Betreibergesellschaft jener Ostseepipeline, durch die ab 2012 russisches Erdgas nach Deutschland strömen soll. Dem Sponsor Nord Stream weht schon seit Beginn der Voruntersuchungen zum Bau der ein scharfer Wind ins Gesicht. Der Plan, zwei 1224 Kilometer lange Röhren zu verlegen – quer durch die Ostsee und damit auch quer durch die territorialen Einflussgebiete von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland –, hat ostseeweit für Kritik gesorgt. Mittlerweile sind die Arbeiten weit fortgeschritten. Noch in diesem Jahr soll der erste Strang der Pipeline in Betrieb gehen und russisches Erdgas in die westeuropäischen Netze speisen. 2012 wird plangemäß die Inbetriebnahme der zweiten Röhre folgen.

Bis dahin erkunden die Taucher aus Ankarliljas Team systematisch den quadratkilometergroßen Schiffsfriedhof vor der Haustür der Gotländer und bergen, was Jahrhunderte des Wellengangs übrig ließen. Jan Dönges hat die Archäologen in Schweden besucht und berichtet in epoc 3/2011 über die Arbeit von Ankarliljas Firma AquaArkeologen Sverige. Sie ist für die Ausgrabungen verantwortlich – und unterliegt stets den strengen Kriterien der Wissenschaftlichkeit. Denn wenngleich die Ausgrabungen von Nord Stream finanziert werden, erfolgen sie gleichwohl in enger Abstimmung mit den schwedischen Denkmalbehörden und müssen jedes Jahr aufs Neue umfangreiche Genehmigungsverfahren durchlaufen.